Heiliges Jahr
Auf Pilgerwegen durch die Ewige Stadt
Rom bietet gerade jetzt im Heiligen Jahr eine Chance, tiefer in das Mysterium des christlichen Glaubens einzudringen und lädt dazu ein, sich auf den Weg zu machen. Schließlich führen ja alle (Pilger-)Wege nach und durch Rom, meint die Geschäftsführerin des Bayerischen Pilgerbüros, Irmgard Jehle.

Seit mehr als zweitausend Jahren zieht es Menschen in die „Ewige Stadt“, um dort die reichen Zeugnisse von Geschichte und Kunst aller Zeiten zu bestaunen. Schon der Apostel Paulus spürte, dass er „nach Rom muss“ (Apg 19, 21), um das Evangelium auch in die Hauptstadt des römischen Weltreiches zu tragen. So ist Rom mehr als Denkmäler, Museen und Zeugnisse menschlichen (Kunst-) Schaffens. Pilger treffen auf die Quellen ihres christlichen Glaubens an den Gräbern der Apostelfürsten Petrus und Paulus und in den Katakomben. Sie erleben das Zentrum der Weltkirche und vielfältige Glaubenszeugnisse.
Ein Höhepunkt jeder Romfahrt ist der Besuch von St. Peter, der größten Kirche der Welt, mit dem Petrusgrab unter der mächtigen Kuppel des Michelangelo. Dort ist in besonderer Weise zu spüren: „ubi Petrus – ibi ecclesia“ (wo Petrus ist, ist die Kirche). In der Begegnung mit Pilgern aus der ganzen Welt bei den Gottesdiensten und Papstaudienzen auf dem Petersplatz, den der große Barockbaumeister Gian Lorenzo Bernini so gestaltete, dass er die „Katholiken umarmt und ihren Glauben stärkt“, wird deutlich, was katholisch bedeutet: eine weltumspannende, einladende und für alle offenstehende Kirche.
Gerade im Heiligen Jahr, das wir heuer feiern, bietet sich die Sieben-Kirchen-Wallfahrt als fester Bestandteil einer Pilgerfahrt an. Die Wallfahrt besteht aus dem Besuch der vier päpstlichen Basiliken St. Peter, Santa Maria Maggiore, der Kirche des Völkerapostels St. Paul vor den Mauern und der Lateranbasilika, „Mutter und Haupt aller Kirchen“, dazu kommen die altehrwürdigen Basiliken San Lorenzo vor den Mauern mit den Gräbern des Erzmärtyrers Stephanus und des heiligen Laurentius, Santa Croce mit den Passionsreliquien und die Sebastianskatakomben.
Die Sieben-Kirchen-Wallfahrt
Ehrgeizige Pilger wandern die sieben Kirchen an einem Tag ab, immerhin ein Fußmarsch von gut 25 Kilometern. Alte Stadtansichten von Rom zeigen die sieben Kirchen, verbunden durch Pilgerwege, die mitunter als Gnadenströme dargestellt sind. Das Konzept der Gnade, die durch fromme Handlungen erworben wird, ist im römischen Denken ein wichtiges Korrektiv zur formal-juristischen Gerechtigkeit. Entsprechend können Rom-Pilger bis heute bei einer Sieben-Kirchen-Wallfahrt einen Ablass erhalten, also eine Reduzierung zeitlicher Sündenstrafen im Jenseits.
Die Sieben-Kirchen-Wallfahrt wurde im 16. Jahrhundert vom Priester und Seelsorger Philipp Neri wiederbelebt. Anfangs nahmen vor allem einfache Menschen an der Wanderung durchs Grüne mit Picknick und Gottesdiensten teil. Später fanden auch Adlige und höhere Kleriker daran Gefallen. (kna)
Heilige Stadt durch seine Glaubenszeugen
Rom ist nicht an sich heilig, sondern ist es geworden durch die vielen Glaubenszeugen – von den Anfängen bis in unsere Zeit. Zahlreiche Orte bezeugen deren Wirken, von den Kolonnaden am Petersplatz mit den Apostel- und Heiligendarstellungen bis zu den Gräbern, Reliquien und Lebenserinnerungen: Im alten Stadtteil Trastevere zum Beispiel die Kirche der heiligen Cäcilia, Patronin der Kirchenmusik, oder San Callisto, die älteste Gebetsstätte Roms; dazu die kleinste Basilika Roms, San Benedetto in Piscinula, wo der Ordensgründer und Patron Europas Benedikt seine Studienjahre in Rom verbrachte. Bei San Francesco a Ripa, dem ehemaligen Benediktinerhospiz, wohnte Franz von Assisi. San Bartolomeo auf der Tiberinsel birgt zahlreiche Reliquien nicht nur aus frühen Zeiten, sondern der Märtyrer des 20. Jahrhunderts, das Johannes Paul II. das „Jahrhundert der Märtyrer“ nannte. Im Centro storico beeindrucken große Kunstwerke des Barocks und der Gegenreformation und man gelangt zu den großen Ordensgründern der Neuzeit wie Ignatius von Loyola in Il Gesù und Sant’Ignazio oder Philipp Neri in Santa Maria in Navicella.
Schon in vorchristlicher Zeit war Trastevere ein dicht besiedeltes Viertel, in dem sich auch zahlreiche Juden niedergelassen hatten. In diesem Umfeld lag die Keimzelle der christlichen Gemeinden. Im Herzen des Stadtteils steht mit Santa Maria in Trastevere die älteste Kirche Roms – wo öffentlich Gottesdienst gefeiert wurde –, beredtes Zeugnis römischer Marienfrömmigkeit und aktuell gelebten Glaubens, wo jeden Abend die Gemeinschaft Sant’Egidio zum Gebet einlädt.
Über hundert Marienkirchen im Stadtgebiet
Marienverehrung ist in Rom allgegenwärtig. Einige der ältesten und bedeutendsten Ikonen der Christenheit sind in den Kirchen der Stadt zu sehen. Über das Stadtgebiet verteilt gibt es an die hundert Marienkirchen: In Santa Maria Maggiore feierten die Päpste schon im fünften Jahrhundert im weihnachtlichen Mitternachtsgottesdienst bei den Krippenreliquien die Menschwerdung Gottes in Maria (Übrigens: Die Mariensäule vor der Basilika war Vorbild für die Mariensäule auf dem Münchner Marienplatz!). Das Pantheon, früher Tempel für römische Helden und Götter, wurde 609 die Kirche Santa Maria ad Martyres, geweiht den christlichen Märtyrern mit Maria, der Königin der Märtyrer. Die sogenannten Madonnelle, die Hausmadonnen, sind typisch für Rom; über sechshundert aus verschiedenen Jahrhunderten gibt es noch, Zeichen des Vertrauens der Römer in den Schutz Mariens.
Alternative Pilgerwege
Neben den bekannten lassen sich in Rom einzigartige Pilgerwege entdecken, wie der durch das jüdische Viertel zu den gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen im Umfeld der Hauptsynagoge; oder zu wichtigen Meilensteinen christlicher Kunst von San Clemente (mit seinen drei Ebenen eine Zeitreise durch die Kirchengeschichte) bis nach Santo Stefano Rotondo, dem letzten Monumentalbau der Antike, Titelkirche des emeritierten Münchner Erzbischofs Kardinal Friedrich Wetter. Oder man lässt sich einfach treiben und entdeckt Kirchen wie Santa Maria in Via Lata, wo der Überlieferung nach Paulus beim Evangelisten Lukas wohnte, oder ganz in der Nähe San Marcello mit dem sogenannten „Pestkreuz“, vor dem auch Papst Franziskus anlässlich der Corona-Pandemie betete.
Rom ist eine Chance, tiefer in das Mysterium unseres christlichen Glaubens einzudringen, eine Einladung, sich auf den Weg zu machen. Denn schließlich führen ja alle (Pilger-)Wege nach und durch Rom!
(Irmgard Jehle, Geschäftsführerin des Bayerischen Pilgerbüros)
"MKR – das Magazin" Episode vom 21.1.2025, Kapitelmarke "Zum Heiligen Jahr –Ferdinand Treml – Der Pilgerweg nach Rom" ab Min. 00:15.