Glaubenswelten
21.04.2025

Nachruf zum Tod von Papst Franziskus

Ein Pontifikat auf dem Weg

Die katholische Welt ist erschüttert und nicht nur sie. Mit Papst Franziskus hat sie eine moralische Autorität und haben insbesondere die Armen eine Stimme verloren. Am Ostermontag ist das Kirchenoberhaupt nach langer Krankheit gestorben.
    

Stimme der Armen und für den Frieden: Papst Franziskus. Stimme der Armen und für den Frieden: Papst Franziskus. Foto: © IMAGO/ULMER Preseebildagentur

13. März 2013: Kardinal Jean-Louis Touran spricht das Habemus papam, wir haben einen Papst. Es ist Jorge Mario Bergoglio aus Argentinien. Bereits am Abend seiner Wahl, macht der seinen ganz persönlichen Stil deutlich. Er wünschte ganz unspektakulär einen guten Abend und scherzt darüber, dass seine Kardinalsbrüder bis ans Ende der Welt gegangen sind, um einen neuen Papst zu finden.

Der Name, den sich das neue Kirchenoberhaupt gibt, ist außerordentlich: nach dem heiligen Franziskus, einem Bettelmönch, hatte sich noch nie ein Papst genannt. Ein Name, der Programm sein sollte. So ordnete das schon damals Kardinal Reinhard Marx ein, der am Konklave in Rom teilgenommen hatte: „Hier will jemand Akzente setzen und will nicht einfach so weitermachen.“ Der argentinische Papst wolle ein „Pontifikat der Bescheidenheit, der Demut“, so der Münchner Erzbischof.

Das machte Franziskus auch gleich mit seiner ersten Reise deutlich. Sie führte ihn nicht zu Staatsoberhäuptern, sondern auf die Insel Lampedusa, vor der tausende Menschen auf der Flucht vor Not und Krieg ertrunken waren.

Ein Kind von Auswanderern

„Vergiss die Elenden und Armen nicht.“ Diesen Satz hatte ein Kardinal dem neuen Papst unmittelbar nach der Wahl zugeraunt. Aber diese Erinnerung hätte Franziskus gar nicht gebraucht. 1936 in Buenos Aires geboren, lernte er schon früh wirtschaftliche Nöte kennen. In seiner Autobiografie mit dem Titel „Hoffe“ beschreibt er unverblümt, wie Frauen aus der Nachbarschaft sich prostituierten, um sich und ihre Angehörigen zu versorgen. Die Familie des Papstes wusste zudem, was es bedeutet, die Heimat aufzugeben. Sie war aus Italien nach Argentinien ausgewandert. Sein Großvater hatte das Grauen des Ersten Weltkriegs miterlebt und war entschiedener Pazifist. Diese Abscheu vor dem Krieg ist auch dem Papst in Fleisch und Blut übergegangen. In zahlreichen Konflikten, wie in Syrien, hat er energisch zum Ende der Gewalt aufgerufen.

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Kniefällig wider den Krieg

Papst Franziskus ging sogar so weit, vor dem Staatschef des Südsudans niederzuknien und ihn so um ein Ende des dortigen Krieges zu bitten. Papst Franziskus mahnte bis zuletzt, die leidenden Menschen an den gebeutelten Rändern der Welt nicht zu vergessen. Dorthin führten ihn auch bevorzugt seine Reisen:  in den Irak, nach Sri Lanka oder nach Madagaskar. Um die Not der Menschen zu lindern, sprach der Papst mit allen Seiten und hielt sich mit Schuldzuweisungen zurück. Im Ukraine-Konflikt warfen ihm Stimmen aus dem Westen das vor: Er habe den russischen Aggressor nicht eindeutig verurteilt. Eindeutig war dagegen die Warnung des Papstes vor einem rücksichtslosen Kapitalismus. „Diese Wirtschaft tötet“, lautete seine kurze Diagnose. In seinem berühmtesten Lehrschreiben „Laudato si“ mahnte er die Ehrfurcht vor der Schöpfung und soziale Gerechtigkeit an. Innerkirchlich setzte Franziskus dabei auf eine breite Beteiligung und berief eine viel beachtete Weltsynode ein. Für Christian Weisner, dem Sprecher der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ wurde damit ein lang gehegter Wunsch wahr: „Papst Franziskus hat sehr viel bewegt und es geschafft, das sogar Frauen, wenn auch noch wenige, in der Weltsynode die Zukunft der Kirche mitgestalten.“

Denn dieser Pontifex begriff sich wortwörtlich als Brückenbauer und nicht zuerst als unbeirrbarer Bewahrer einer unumstößlichen Glaubenslehre. Vorrang hatte für ihn die barmherzige Begegnung mit den Menschen und ihren Nöten. Das galt für Homosexuelle genauso wie für Schwerkranke, Obdachlose und vor allem für die vielen Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Franziskus sah sich in erster Linie als Seelsorger. In dieser Rolle fand er manchmal auch deftige und oft kritisierte Worte.

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Weg vom Pomp

Gleichzeitig verkörperte er einen außerordentlich demütigen Pontifex, der Schlichtheit und keinen Pomp verlangt. So hat er etwa die Vorschriften für die Bestattung eines Papstes stark vereinfacht. Franziskus will nicht wie seine Vorgänger in drei ineinandergepassten Särgen aus Zypresse, Blei und Eiche beigesetzt werden, sondern nur in einem schlichten Holzsarg. Es ist dieser Stil, der Christian Weisner von „Wir sind Kirche“ besonders beeindruckt. Deshalb kann er auch darüber hinwegsehen, dass Papst Franziskus Änderungen im Kirchenrecht nicht entschieden angepackt hat. „Einen Paragraphen, ein Gesetz kann man ändern, aber diese neue Mentalität in der Kirche lässt sich nicht mehr verändern und ist zukunftsweisend: eine Kirche, die bei den Menschen ist.“   

Ein zeichenhafter Todestag

Diesen Auftrag hinterlässt Franziskus seinem Nachfolger. Dass der argentinische Papst an einem Ostermontag gestorben ist, wirkt dabei wie ein Zeichen. In den Kirchen der ganzen Welt wird an diesem Festtag die Emmaus-Geschichte aus dem Lukas-Evangelium verlesen. Eine Erzählung, die einen Weg beschreibt, den der auferstandene Jesus mit zwei verunsicherten Jüngern geht, die ihn zuerst gar nicht erkennen. Papst Franziskus hat seine Kirche immer als eine von Christus begleitete Weggemeinschaft begriffen, die sein Wollen und das von ihm ausgehende Heil oft nicht versteht.  Dennoch muss sie bereit sein, Christus immer weiter nachzufolgen, ihn zu befragen und mit offenem Herzen zu hören. Papst Franziskus selbst hat das ein langes Leben lang getan. Am Ostermontag ist er mit Christus seinen Weg zu Ende gegangen, in der festen Hoffnung, ihn nun vollständig erkennen zu dürfen.

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Alois Bierl
Artikel von Alois Bierl
Chefreporter und Kolumnenautor
Beschäftigt sich mit wichtigen Trendthemen wie Spiritualität.