Glaubenswelten
22.05.2025

Welche Rolle spielt Maria in der Kirchenmusik?

Die Marienverehrung zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der westlichen Kirchenmusik. Vom gregorianischen Choral über barocke Meisterwerke bis zum traditionellen Volksgesang zeigt sich Maria als Symbol für Reinheit, Schmerz, Hoffnung und Trost.
    

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1. Maria in der Gregorianik – der Choral als Gebet

Bereits im frühen Mittelalter war die marianische Verehrung tief in die Liturgie eingebettet. Der gregorianische Choral, als einstimmiger Gesang konzipiert, war dabei das wichtigste Medium der kirchlichen Feier. Gesänge wie das „Ave-Maria“, „Salve Regina“ oder „Alma Redemptoris Mater“ sind bis heute bekannt. Die sogenannte melismatische Struktur – viele Töne auf einer Silbe – verlieh diesen Gebeten einen kontemplativen, fast meditativen Charakter.

Besonders zu den marianischen Festen – zum Beispiel Mariä Himmelfahrt (15. August) oder Mariä Geburt (8. September) – gibt es spezielle Gesänge für die entsprechenden Tage, zum Beispiel den Eröffnungsgesang „Gaudeamus omnes“, der die Freude über Marias Geburt ausdrücken soll. Die marianischen Gesänge treten in verschiedenen Gattungen auf: Antiphonen, Hymnen, Responsorien, Offertorien und Sequenzen. Viele dieser Gesänge sind im „Liber Usualis“ gesammelt, dem zentralen Buch des gregorianischen Repertoires. Maria wurde darin als reine Jungfrau, Muttergottes und Königin des Himmels angerufen – ein Idealbild, das musikalisch ebenso ehrfurchtsvoll wie liebevoll ausgestaltet wurde.
    

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2. Die Schmerzen der Mutter:
Pergolesis „Stabat Mater“

Im Barockzeitalter intensivierte sich die emotionale Darstellung religiöser Inhalte. Giovanni Battista Pergolesis „Stabat Mater“ aus dem Jahr 1736 ist ein Paradebeispiel. Das Werk beschreibt das Leid der Mutter Jesu am Kreuz – ein Thema, das Herz und Verstand gleichermaßen anrührt. Pergolesi, selbst todkrank beim Komponieren, verleiht seiner Musik eine schmerzliche Innigkeit und expressive Dramatik. In zwölf Sätzen entfaltet sich ein musikalisches Bild der trauernden Muttergottes – voller Mitgefühl, Trauer und Erlösungshoffnung.

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3. Glanz und Jubel: Mozarts „Exsultate, jubilate“

Einen anderen Zugang zur Marienverehrung zeigt Wolfgang Amadeus Mozarts Motette „Exsultate, jubilate“ (KV 165), entstanden 1773 in Mailand. Ursprünglich für den Kastraten Venanzio Rauzzini komponiert, ist sie heute ein beliebtes Sopranstück. Der dritte Satz „Tu virginum corona“ ist besonders bedeutsam: Maria wird als „Krone der Jungfrauen“ gepriesen, als Friedensspenderin und Trösterin.

Mozarts Musik verleiht diesem Lobpreis eine jugendliche Leichtigkeit, ohne an Tiefe zu verlieren. Die festliche Instrumentierung – mit Oboen, Hörnern, Streichern, Orgel – verbindet Virtuosität mit Andacht. Besonders das abschließende „Alleluja“ zählt zu den Höhepunkten barocker Koloraturkunst.


4. Volksfrömmigkeit heute: „Segne du, Maria“

Bis in die Gegenwart bleibt Maria eine zentrale Figur des musikalischen Glaubensausdrucks. Ein Beispiel ist das Lied „Segne du, Maria“, 1870 von Cordula Wöhler getextet und von Karl Kindsmüller vertont. Es ist tief in der Volksfrömmigkeit verwurzelt und wird bei Maiandachten, Beerdigungen, Hochzeiten und privaten Feiern gesungen.

Mit seiner einfachen, volkstümlichen Melodie und dem eingängigen Text bittet es Maria um Schutz im Alltag und Trost im Sterben. Das Lied ist auch ein Ausdruck der Weitergabe des Glaubens über Generationen hinweg.


Fazit

Maria begleitet die Kirchenmusik wie eine stille, tröstende Stimme durch die Jahrhunderte. Vom meditativen Choral über barocke und klassische Meisterwerke bis hin zu populärem Liedgut unserer Tage – ihre Rolle bleibt zentral. Die Muttergottes verkörpert Trost, Schmerz, Freude und Hoffnung in einer Weise, die Menschen seit Jahrhunderten berührt. Ihre musikalische Darstellung bietet nicht nur einen Zugang zum Glauben, sondern auch einen tiefen Einblick in die geistige Kultur Europas.

Autor: Florian Löffler, hauptamtlicher Kirchenmusiker im Pfarrverband Rottenbuch und Dozent für Kantoren- und Liturgiegesang bei der Münchener Kantorenschule. Autor: Florian Löffler, hauptamtlicher Kirchenmusiker im Pfarrverband Rottenbuch und Dozent für Kantoren- und Liturgiegesang bei der Münchener Kantorenschule. Foto: © Werner Böglmüller
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