Glaubenswelten
17.04.2025

Herodes-Palast in Oberbayern – das Altöttinger Panorama

Das einzigartige Altöttinger Panorama zeigt die Passion Christi und das antike Jerusalem.
    

Die Kreuzigungs-Szene im Altöttinger Panorama. Die Kreuzigungs-Szene im Altöttinger Panorama. Foto: © SMB/Schlaug

Wer das antike Jerusalem kennenlernen will, muss ins oberbayerische Altötting fahren. Sogar der von den Römern zerstörte Tempel ist dort noch zu sehen. Der Wallfahrtsort beherbergt ein sogenanntes Panorama. Das ist ein riesiges Rundbild, vor dem sich der Besucher entlangbewegt, wie im Innern einer Trommel. Das Altöttinger Panorama zeigt die Leidensgeschichte Christi. Nur in der Schweiz und in Kanada sind noch Panoramen mit diesem Thema zu finden. Das bedeutendste und schönste ist aber wohl in Altötting zu finden.

1200 Quadratmeter bemalte Leinwand

Durch einen abgedunkelten Gang führt dort der Weg nach oben zu einer hölzernen kreisrunden hölzernen Plattform. Und schon steht der Besucher vor dem Palast des Herodes. Dann ertönt eine sonore Erzählerstimme und erläutert das Geschehen auf dem 1200 Quadratmeter großen Monumentalbild. Der Maler Gebhard Fugel und seine Mitarbeiter haben 1903 das antike Jerusalem und die Kreuzigung von Jesus Christus dargestellt. Sie sind zuvor sogar ins Heilige Land gefahren und haben alle möglichen Quellen ausgewertet, um ein detailtreues Bild zu schaffen. Fugel hat extra ein Gebäude für das Panorama errichten lassen. Dort ist das zwölf Meter hohe Gemälde oben und unten an Eisenringen befestigt. Damit es straff bleibt und sich nicht wellt, haben sich die Maler einen einfachen Trick ausgedacht: „Die haben Ziegelsteine ans untere Ende der Leinwand gehängt, damit sie glatt bleibt“, erläutert Hubert Schlederer. Der 80-jährige gehört dem Vorstand der Stiftung an, die sich um das einzigartige Denkmal kümmert.
 

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Keine Scheinwerfer, nur Naturlicht

Mit ihm darf man sogar über die Absperrungen steigen und die gut versteckten Steine genauer anschauen. Sie sind unter der Kulisse verborgen, die zwischen der kreisrunden hölzernen Aussichtsplattform und dem Riesengemälde aufgebaut ist. Vor den Ziegelsteinen deutet Schlederer nach oben. Von dieser Stelle aus sind große Glasfenster zu sehen, die für den Besucher auf der Plattform verdeckt sind. Das Panorama erhält nur natürliches Licht. Im Innern ist kein einziger Scheinwerfer zu entdecken. Das schränkt die Öffnungszeiten erheblich ein. „Das Gemälde ist auf natürliches Licht ausgerichtet“, erläutert Schlederer, „um den Eindruck mit künstlichem Licht nicht zu verfälschen wäre ein sehr großer technischer Aufwand erforderlich.“ Den kann sich die Stiftung nicht leisten.

„Überwältigend und sehr real“

Denn allein der Erhalt des Altöttinger Panoramas ist ein finanzieller Kraftakt. Zudem die Besucherzahl seit der Coronapandemie zurückgegangen sind: von 20.000 auf 12.000. Dabei ist dem Panoramagebäude von außen kein Sanierungsbedarf anzusehen: „Grundsätzlich ist der Erhaltungszustand gut“ erklärt Schlederer. Regelmäßig untersuche ein Restaurator das Gemälde, an dem die Kreuzigungsdarstellung vor gut 20 Jahren durch einen Wassereinbruch starke Schäden erlitt. Auch wenn die längst ausgebessert sind, braucht es rund 130.00 Euro, um das Altöttinger Panorama für die kommenden Jahre und die nächste Generation zu erhalten. Sogar auf junge Menschen wirkt es noch stark. Etwa bei einer Schulklasse, die das Panorama gerade besucht. „Überwältigend und sehr real“, findet es die 21-jährige Emily und ihre Mitschülerin Vanessa ist davon beeindruckt, „dass man den Schmerz und die Trauer bei der Kreuzigung so stark mitfühlt“. Ihre Lehrerin Gabriele Wieser ist von der Darstellung ebenfalls tief berührt: „Das macht schon etwas mit einem. Jesus Christus ist ein Gott, der uns Menschen in seinem Leid nahesteht.“
    

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Mehr als ein Kunstwerk

Das Altöttinger Panorama ist eben nicht nur ein bedeutendes Kunstwerk. Auf seine Weise vermittelt es auch die christliche Botschaft. In einer ruhigen und besinnlichen Weise, die gerade in einer Zeit der digitalen Bilderflut den Menschen gut tut. Bei Hubert Schlederer jedenfalls, der das Panorama seit Jahrzehnten kennt, löst es immer noch etwas aus: „Es trifft mich natürlich als Kunstwerk, aber wie man in die biblische Geschichte eintauchen kann, das ist ein sehr berührendes inneres Erlebnis“. Und deshalb empfiehlt er nicht nur als Vorstand der Panoramastiftung unbedingt einen Besuch des monumentalen Rundbildes – auch außerhalb der Passionszeit.

Alois Bierl
Artikel von Alois Bierl
Chefreporter
Beschäftigt sich mit wichtigen Trendthemen wie Spiritualität.