Achtsamkeit
24.12.2024


Brauch zu Weihnachten

Das Christkind der Münchner

Das Augustinerkindl der Marianischen Männerkongregation kann jedes Jahr vom ersten Weihnachtsfeiertag bis zum Dreikönigstag in der Bürgersaalkirche bei eigenen Andachten verehrt werden. Ein Besuch gehört für viele zur schönen Tradition.

Das Augustinerkindl der Marianischen Männerkongregation Das Augustinerkindl der Marianischen Männerkongregation Foto: © SMB/Ertl

Unwillkürlich kommt mir die bekannte Zeile aus „Stille Nacht“ in den Sinn, während ich das berühmte Augustinerkindl aus dem Münchner Bürgersaal betrachte: „Gottes Sohn, o wie lacht Lieb aus deinem göttlichen Mund“. Mit seinem leicht nach links gedrehten Köpfchen, den großen Kulleraugen und seinem zum Lächeln geöffneten Mund erfreut die Figur seit über 400 Jahren Jung und Alt. Sie führt uns vor Augen, was wir an Weihnachten feiern: Gott wird ein kleines Menschen-Kind.

„Ein Kind überwältigt nicht mit Stärke und Macht, es überzeugt nicht mit Argumenten, es diskutiert nicht“, schrieb vor fast 25 Jahren der Weltenburger Abt Thomas Maria Freihart OSB in einem Weihnachtsbeitrag für die Katholische Nachrichten-Agentur. „Ein Kind will einfach lieben und geliebt werden. Auf diese Weise übt es Macht aus – die Macht eines Ohnmächtigen. Ein kleines Kind ist in der Familie ohne äußere Macht, ganz hilflos. Und doch bestimmt es das Leben dieser Familie. Es ist mächtig, weil es geliebt und umsorgt wird. Es ist mächtig, weil es sich völlig auf seine Umgebung verlässt. Es ist mächtig durch Vertrauen.“


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Schöne Legende

Um 1600 bekamen die Münchner Augustiner-Mönche von frommen Bürgern diese in kostbar verzierte Bänder gewickelte Wachspuppe geschenkt. Sie stellten sie zur allgemeinen Verehrung in ihrer Kirche auf. Das liebliche „Fatschenkindl" (von lat. „fascia“, „Wickel“) wurde bald zum Wallfahrtsziel der Gläubigen. Eine schöne Legende umgibt die Figur: Am Lichtmesstag 1624 soll sie einem Frater versehentlich aus der Hand gerutscht sein, sodass ihr Kopf in viele Stücke zerbrach. Erschrocken verräumte er das angeschlagene Jesuskind. Doch wie durch ein Wunder war es zum Weihnachtsfest wieder zusammengewachsen. Nur ein Riss an der Wange zeugt bis heute von dem Sturz.

„Als winziges Wesen wie alle Neugeborenen will Gottes Sohn die Liebe in den Menschen wecken. Das Kind in der Krippe sagt uns, wie Gott sein will: ohnmächtig mächtig, persönlich geliebt und aufmerksam umsorgt. Denn Gott liebt jeden Einzelnen auch persönlich und umsorgt ihn. (…) Jeder braucht liebe Mitmenschen und Gott, um leben zu können“, so Abt Thomas.

Großer Auftritt zu Weihnachten

Als das Augustiner-Kloster in der Säkularisation aufgehoben wurde, kam das Kindl in den Besitz der Marianischen Männerkongregation und an die Bürgersaalkirche. Seit 1817 wird es dort aufbewahrt. Zu Weihnachten hat es seinen großen Auftritt: Es kommt aus seiner gesicherten Vitrine im Museum der Unterkirche heraus und wandert in die Krippe. Bei den täglichen Christkindlandachten dürfen sich dann die Gläubigen von seiner „Lieb aus göttlichem Mund“ ganz ergreifen und bezaubern lassen.

Die Christkindlandachten in der Oberkirche des Münchner Bürgersaals (Neuhauser Straße 14) werden vom 25. Dezember bis 6. Januar immer um 17 Uhr gefeiert.

Florian Ertl
Artikel von Florian Ertl
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