Krisen und Chancen
31.03.2024

Gibt es die Erfahrung von Auferstehung und Ostern mitten im Leben?

Der Frühling weckt „neue Lebensgeister“, und manchmal fühlt man sich nach einer Krise „wie neugeboren“. So auch der Jesuit Andreas Batlogg nach einer schweren Krankheit. Können solche Erfahrungen und Sprachbilder andeuten, was der Glaube an die Auferstehung Jesu meint? Oder verniedlichen sie die Botschaft von Ostern?

Foto: © privat

Tun’s auch ein paar Frühlingsfühle? Vielleicht. Wenn draußen in der Natur alles zu sprießen und zu blühen anfängt, manchmal auch dort, wo Leben längst abgestorben schien – dann werden mindestens Ahnungen wach: So könnte es sein! So wird es vielleicht sein! So sehr jeder Vergleich für das Unvergleichliche hinkt. Aber das langsame „Erwachen“ der Natur, ein immer früher hell werdender Morgen, ja selbst das Vogelgezwitscher haben ihre Wirkung. Müde gewordene, resignierte „Lebensgeister“ werden wieder lebendig. Und: Licht macht hell: außen wie innen.

Wo (Lebens-)Krisen überstanden werden, wo Sprachsprachlosigkeit überwunden wird, wo tödliches Schweigen durchbrochen wird, lautet das Signal: Leben ist auch dort noch möglich, wo wir es längst begraben haben! Wo wir abgeschlossen, „Schluss gemacht“ haben. Auch das ist nachvollziehbar: Nach einem Urlaub, einer Reise, einer Bergtour, nach einem Konzert oder einer Theateraufführung, die einen in eine andere Welt entführte, fühlt man sich manchmal „wie neugeboren“. Das gewohnte Leben geht zwar weiter, aber anders. Auch wenn einen der Alltag schnell wieder einholt.

Können solche Erfahrungen helfen zu verstehen, was mit „Auferstehung“ gemeint sein könnte? Vielleicht. Trotzdem darf die Botschaft von Ostern nicht auf ein paar Frühlingsgefühle reduziert werden. Bewusst oder unbewusst verniedlicht mit Metaphern aus der Natur vom Vergehen und Wachsen.

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Was die Auferstehung Jesu an Ostern verspricht

Der niederländische Theologe und Poet Huub Oosterhuis ist am Allerheiligentag 1933 geboren und am Ostersonntag des Jahres 2023 verstorben. Was für eine Klammer um ein Leben! Suchenden, zweifelnden, ahnenden Christen hat er zeitlebens mit seinen Gebeten und Liedern, seinen Meditationen und Texten geholfen, zu verstehen. Oder mindestens motiviert, einen neuen Anlauf zu nehmen: Glauben zu wagen. Auch den Glauben an die Auferstehung. Sich nicht damit abzufinden, dass, was unwahrscheinlich klingt, unmöglich sein muss. Wieder und wieder hat er an die alten Verheißungen der Bibel erinnert.

„Die Erzählung von der Auferstehung Jesu“, schreibt Oosterhuis mit Blick auf die Rede von der Vision vom Reich Gottes, „ist die radikalste Vorstellung des Rechts der Schwächsten; aller, die die Vision wie Wunden an ihrem Körper getragen haben – die gelitten haben; die gestorben sind und sie nicht verwirklicht sahen und trotzdem nicht der ,Versuchung‘ erlegen sind, zu glauben, dass es nur ein Hirngespinst war. Kein Hirngespinst, sondern ein Versprechen: ,Ich werde da sein.‘ Es wird eine Zukunft geben. Dieser Gott, von Abraham und von Jesus, ist ,Zukunft‘. Nicht ein Toter ist das Ende, sondern ein Lebender.“

Beweisen lässt sich das nicht. Denn zurückgekommen ist bisher noch keiner. Außer einem: Jesus von Nazareth. Das bekennen, das bezeugen Menschen. Seit über 2000 Jahren. Und alles, was Christentum ist und ausmacht, hängt daran. Der Gekreuzigte lebt! Und der auferstandene Jesus war derselbe, der zuvor verspottet, grausam gefoltert und bei lebendigem Leib gekreuzigt wurde. Die Wundmale an seinem Körper zeigen: Der Auferstandene ist der Gekreuzigte. Sie stellen Identität her.

Der Tod hat nicht das letzte Wort

Auferstehung, aufstehen, Leben nach dem Tod … Das Unvorstellbare und deswegen für viele das Undenkbare, bekennen Christen als das Zentrum ihres Glaubens. Damit steht und fällt alles: Der Tod ist keine absolute Grenze. Ein Toter, der wieder „da“ ist? Paulus ist ganz direkt. Der Gemeinde in Korinth, deren Gemeindeleben von allerlei Streitigkeiten aufgerieben wurde, schreibt er in einem Brief, auf dort grassierende Behauptungen und Gerüchte reagierend: „Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube.“ (1 Korinther 15, 12–14) Andere Übersetzungen sprechen statt von „leer“ von „sinnlos“ oder „ohne Grundlage“.

Christlicher Glaube wird zum leeren Gerede, wird billige Vertröstung – wenn es nicht stimmt: Der, der tot war, lebt! Auferstehung wurde und wird so zum Alleinstellungsmerkmal christlichen Glaubens: Mit dem Tod ist nicht „alles aus“!

Jesus ist auferstanden: wurde und wird behauptet. Ist das möglich? Oder war alles, wie seit über 2000 Jahren ebenfalls behauptet wird, ein großer Schwindel? Fake-News? „Jesus war gar nicht tot“: Er war fast tot. Scheintot. Er wurde von seinen Anhängern heruntergeholt vom Kreuz, gewaschen, gepflegt, wieder aufgepäppelt – und nach einiger Zeit ist er, wie Phönix aus der Asche, wieder aufgetreten – um dann wieder zu verschwinden. Damit sich das „Gerücht“ hält: Er lebt.

Mich entlastet der Glaube an Auferstehung

Vor ein paar Jahren erhielt ich eine Todesanzeige, auf der ein Satz von Heinrich Fries, dem 1998 verstorbenen Fundamentaltheologen der Universität München, abgedruckt war: „Jetzt bin ich nur noch neugierig.“ Da habe ich aufgemerkt! Neugierig sein auf das, was kommt – danach. Nach meinem Tod.

Im Zuge meiner Krebserkrankung, der monatelangen Behandlung mit Strahlen- und Chemotherapie und drei Operationen, fragte ich mit 55: Glaube ich wirklich, dass ich „in Gottes Hände falle“? Dass Er auf mich „wartet“? Mit offenen Armen?

„Jetzt bin ich für dich da!“: Derselbe Freund, der mir das am Beginn meiner Behandlung sagte und als Onkologe meine komplette Behandlung übernahm, meinte später: „Wenn du die Chemotherapie überstanden hast, wirst du dich wie neugeboren fühlen. Dann wirst du ganz anders leben.“ Tat ich das? Tue ich das?

Auferstehung der Toten geht wohl über dieses Gefühl hinaus: Sie meint volles, erfülltes Leben bei Gott. Ich glaube an die Auferstehung der Toten! Weil ich Jesus glaube. Seiner Verheißung. Auch wenn Tausende sagen: Alles nicht wahr, billige Vertröstung, Betrug, Schmäh! Das Unglaubliche glauben (lernen): Das kann ich einüben! Jahr für Jahr. Nicht nur in der Osterzeit. Mich entlastet der Glaube an die Auferstehung: Es kommt noch was!

Wilhelm Bruners, Theologe und Schriftsteller, Priester und Poet, schreibt in seinem Gedicht „auferweckung“: „deine liebe drängt mich / zu denen die noch / todesbeschattet // ich öffne ihr grab / und rufe sie heraus / DU atmest dich / in sie ein / da leben auch sie.“ Das will, das kann ich glauben! In „ostern III“ schreibt er: „einmal werden / die steine leicht / auf unseren gräbern / liegen // und leicht / werden wir uns erheben / aus dem staub und / über schwellen gehen / mit flügelschritt /// ein wind wird uns / forttragen in den kreis / der wartenden und / brot und wein gehen / von mund zu mund“.

Fortgetragen werden in den Kreis der Wartenden: aus Tod, aus Tödlichem, aus Todbringendem – das traue ich Jesus zu. Das erlebe ich da und dort. Der Theologe Gotthard Fuchs sagt es so: „Gott ist Aussicht, nicht Auskunft.“

Zum Autor: Andreas R. Batlogg SJ gehört zur Ordensgemeinschaft der Jesuiten, ist Seelsorger in St. Michael in München. Seine zwei neuesten Bücher: Jesus begegnen. Suchen - finden - bekennen, Kösel 2021; Aus dem Konzil geboren. Wie das II. Vatikanische Konzil der Kirche den Weg in die Zukunft weisen kann, Tyrolia 2022


Batlogg, Andreas R. Aus dem Konzil geboren
TYROLIA, 2022
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