Hoffnung in Krisenzeiten
Zukunft entsteht jetzt
In Krisenzeiten wie diesen fällt es leichter, zu verzweifeln, als zu hoffen. Wo und wie trotzdem noch Platz für Hoffnung ist, erklärt Heribert Prantl.

Man kann Zukunftslosigkeit so finster beschreiben, dass die Zukunft vor einem wegläuft. Man kann die Indizien des angeblich drohenden Untergangs präsentieren. Man kann die Leiden der Zeit immerzu und in allen Facetten betonen. Es gibt eine Egozentrik der Hoffnungslosigkeit, die Optimismus fast als Beleidigung empfindet. Aber solches Katastrophalisieren führt zu Depression und Aggression. Selbst wenn es keinen Anlass zum Hoffen gibt, gibt es doch einen Grund dazu: Da, wo man jede Hoffnung fahren lässt, wird die Welt zur Hölle.
Hoffnung lässt die Welt nicht zum Teufel gehen. Es gilt daher, dem Unglück und dem Unheil den totalen Zugriff zu verweigern. Wir leben in einer Mischung aus Müdigkeit, Gereiztheit und Angst. Es gibt, wen wundert es, eine Lust am katastrophischen Denken; sie ist gefährlich, weil sie die Hoffnung zerstört, die nötig ist, um die Krise, die Krisen zu bewältigen. Wir brauchen kreative Kraft, um Frieden zu finden in einer Welt des Unfriedens.
Hoffnung fängt mit dem eigenen Tun an
Wie geht so ein Hoffen? Muss man sich selber einen Vor-Schuss an Optimismus impfen, bevor man anfängt, etwas zu tun – muss man sich selbst die Gewissheit injizieren, dass es etwas bringen wird? So ist es nicht. Hoffnung fängt schlicht mit dem eigenen Tun im eigenen Leben, in der eigenen Umgebung an. So entsteht Zukunft. Sie entsteht in jedem Augenblick. Sie ist darum in jedem Moment veränderbar. Das gilt im Kleinen und im Großen.
Hoffnung hilft, die Dinge nicht nur zu ertragen, sondern zu tragen, auch die eigentlich unerträglichen. Und wenn man nicht mehr hoffen kann? Was ist, wenn der Hoffnung der Atem ausgeht? Hoffnung ist zwar etwas Tätiges, aber sie ist keine Sportart, die man trainieren kann. Dann ist man darauf angewiesen, dass andere für einen hoffen. Und man kann sich anstecken lassen von der Hoffnung anderer.
(Heribert Prantl, Prof, Dr. jur. und Dr. theol. h. c., ist politischer Publizist und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung; er war dort 25 Jahre lang Leiter der Redaktionen Innenpolitik und Meinung.)