Kultur und Wissen
19.04.2024

Raus aus dem Alltag

Wallfahren für Anfänger

Eine Wallfahrt ist eine besondere Wanderung. Wir verraten, worauf Sie achten sollten, wenn Sie zum ersten Mal pilgern.

Wallfahrt von Freising-Neustift nach Scheyern. Wallfahrt von Freising-Neustift nach Scheyern. Foto: © Burghardt

Pilgern ist „in“. 2023 haben fast eine halbe Million Menschen zumindest das letzte Wegstück nach Santiago de Compostela zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt – so viele wie nie zuvor. Aber niemand muss in ein Flugzeug steigen oder wochenlang auf den Beinen sein, um seine eigenen Pilger-Erfahrungen zu machen. Auch „daheim“ gibt es oft eine Vielzahl an Wallfahrtsorten und -wegen, die nicht nur katholische Christen zum Besuchen und Begehen einladen – allein oder gemeinsam mit einer Gruppe.

Anders als für eine „normale“ Wanderung braucht es für eine Wallfahrt einen Anlass. Dieser kann weit in die Vergangenheit zurückreichen. Manche Wallfahrten nahmen angesichts von Krieg oder Krankheit ihren Anfang, andere wurden jährlich an einem bestimmten Tag begangen, zum Beispiel besuchten die Wolfratshauser Flößer lange Zeit am Valentinstag, dem 14. Februar, die Valentinskirche in Allmannshausen. Heute können persönliche Sorgen den Anstoß dazu geben, eine Wallfahrt zu unternehmen, sei es die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder ein unerfüllter Kinderwunsch, der viele Paare bis heute nach Frauenchiemsee führt. Neben solchen Bittwallfahrten sind auch Dank- oder Bußwallfahrten möglich. Wer zu einer Wallfahrt aufbricht, sollte sich auf jeden Fall vorher über seine Beweggründe klarwerden.


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Ziel und Fortbewegungsmittel wählen

Gau-Trachtenwallfahrt zur Schwarzlack Gau-Trachtenwallfahrt zur Schwarzlack Foto: © Kiderle
Auch das Ziel einer Wallfahrt will bewusst gewählt werden. In Bayern sind es häufig – als wundertätig verehrte – Marienstatuen oder -darstellungen, die zu Anziehungspunkten für Pilger wurden. Reliquien wie die Hirnschale des heiligen Sebastian in Ebersberg ließen ebenfalls Wallfahrtstraditionen entstehen.

Grundsätzlich können Sie mit jedem Fortbewegungsmittel zu diesem Ziel gelangen – „Wallfahrt“ kommt von „wallen“. Dieses Verb bedeutet: in eine bestimmte Richtung ziehen, fahren, unterwegs sein. Allerdings weist eine Fußwallfahrt einige Vorzüge gegenüber anderen Wallfahrtsformen auf: Wer Schritt für Schritt einen Fuß vor der anderen setzt, spürt seinen Körper intensiver als auf dem gepolsterten Sitz eines Autos oder Busses – und kommt dabei mitunter an seine Grenzen. Die Ermunterung durch andere Mitpilger kann helfen, den restlichen Weg dennoch zu bewältigen, und das Gemeinschaftsgefühl stärken.

Sich vorbereiten

Der Pilgerrucksack sollte nicht mehr als ein Zehntel des eigenen Körpergewichts wiegen. Der Pilgerrucksack sollte nicht mehr als ein Zehntel des eigenen Körpergewichts wiegen. Foto: © Formatoriginal - stock.adobe.com

Damit eine Wallfahrt gelingen kann, bedarf es auch einer gewissen Vorbereitung – äußerlich wie innerlich. Wer sich für einen längeren Fußweg entschieden hat, kann sich bei Tageswanderungen darauf einstimmen und dabei auch seinen Pilgerrucksack probetragen und seine Wanderschuhe einlaufen. Kurz vor der Wallfahrt geht es dann ans Packen: Das Gepäck sollte möglichst leicht sein und am besten nicht mehr als zehn Prozent des eigenen Körpergewichts wiegen. Eine Wasserflasche, Sonnen- und Regenschutz gehören aber auf jeden Fall hinein. Auch ein Stift und ein Notizbuch für persönliche Gedanken können hilfreich sein.

Während Pilger im Mittelalter vor einer Wallfahrt ihr Testament verfassten, weil sie befürchten mussten, nicht lebend zurückzukehren, genügt es heute, sich bewusst von seinen Angehörigen zu verabschieden. Diese können dem Wallfahrer Anliegen mit auf den Weg geben oder ihm für seine Reise einen Segen zusprechen. Als Aufbruchszeit bietet sich der Morgen kurz vor dem Sonnenaufgang an. Aber auch eine Nachtwallfahrt ist möglich und wird mancherorts praktiziert.

Den Weg gestalten

Bei Anliegen können am Wallfahrtsort wie hier in Maria Eck Kerzen entzündet werden. Bei Anliegen können am Wallfahrtsort wie hier in Maria Eck Kerzen entzündet werden. Foto: © imago/Rolf Poss

Um Abstand vom Alltag zu gewinnen, kann es während der Wallfahrt dann sinnvoll sein, nicht täglich mit den Lieben daheim in Kontakt zu treten, sondern das Handy ausgeschaltet zu lassen. Einfache Mahlzeiten und Unterkünfte schaffen zusätzlich Distanz zum Gewohnten.

Der Wallfahrtweg kann unterschiedlich gestaltet werden: Zeiten der Stille bieten Gelegenheit, über persönliche Anliegen nachzudenken und sie ins Gebet zu bringen. Lieder und rhythmisches Beten wie das Rosenkranzgebet oder Litaneien unterstützen beim Gehen.

Die Wallfahrt abschließen

Ankunft in Altötting. Ankunft in Altötting. Foto: © Kiderle

Während die Menschen früher Kerzen, Kreuze, Votivtafeln und -gaben zu ihrem Wallfahrtsziel trugen, können heutige Pilger ihren Dank für eine gelungene Wallfahrt in einer Spende für einen guten Zweck zum Ausdruck bringen. Ein gemeinsames Essen bildet – neben einem Gottesdienst – den passenden Abschluss für eine Wallfahrt. Nicht von ungefähr findet sich häufig ganz in der Nähe einer Wallfahrtskirche ein Gasthaus.

Und wer den Daheimgebliebenen etwas mitbringen möchte, kann oft vor Ort kleine Andenken erwerben und segnen lassen oder, wie in Weihenlinden bei Bad Aibling, Wasser aus einer Quelle abfüllen. Vielleicht gehen die so Beschenkten dann auch selbst einmal wallfahren.

Eine Übersicht über Wallfahrtsorte und -kirchen im Erzbistum München und Freising finden Sie hier.
Karin Hammermaier
Artikel von Karin Hammermaier
Redakteurin
Recherchiert und schreibt Geschichten für [inne]halten.