Drei Statements zur Rente
Eine Podiumsdiskussion in der Katholischen Akademie in Bayern widmete sich dem Thema Rente und Generationengerechtigkeit. Hier bringen die drei Diskutanten ihre Positionen auf den Punkt.
In der Katholischen Akademie diskutierten Elisa Wittler, Reinhold Thiede und Axel Börsch-Supan über die Rente. Foto: © Bockholt
Alle Bevölkerungsgruppen einbeziehen
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Rentenversicherung dem Anspruch der Generationengerechtigkeit durchaus gerecht geworden: Obwohl die Anzahl der älteren Menschen im Verhältnis zur Erwerbsgeneration heute um rund 50 Prozent höher ist als Mitte der1980er Jahre, ist der Beitragssatz der Rentenversicherung heute sogar etwas niedriger und die Versorgung der Menschen im Rentenalter dennoch – auch inflationsbereinigt – zumindest nicht schlechter als damals. Dies kann auch in Zukunft durch eine kluge Wirtschaftspolitik und Rentenreformen sichergestellt werden.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz solcher Reformen ist aber, dass möglichst alle Bevölkerungsgruppen – also auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige – in das Rentensystem einbezogen werden. Zudem muss die Balance zwischen Beitragsgerechtigkeit („Wer mehr einzahlt, bekommt auch mehr Rente“) und solidarischem Ausgleich in der Alters-sicherung gewahrt bleiben. Wenn der Gesetzgeber Leistungen beschließt, für die keine Beiträge eingezahlt wurden, sollte dies aus Steuermitteln bezahlt werden.
Dr. Reinhold Thiede, ehem. Leiter Geschäftsbereich „Forschung und Entwicklung“ der Deutschen Rentenversicherung Bund
Rente ist wie Klima
Ich sehe die Rente als gesamtgesellschaftliches Projekt. Ein Generationenvertrag funktioniert nur, wenn alle Vertragsparteien wirklich zu Wort kommen. In Zeiten vieler Krisen müssen wir zusammenstehen und dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. Natürlich wollen wir die aktuellen Rentnerinnen und Rentner unterstützen, denn wir sind klar gegen Altersarmut. Gleichzeitig darf es aber nicht sein, dass Reformen immer zu Lasten der jungen Generation gehen. Wir tragen bereits Verantwortung für Klima, Bildung, Wohnraum und die wachsenden Staatsschulden.
Rente ist wie Klima: Man muss heute handeln, damit es in 50 Jahren besser ist. Deshalb betrifft das Thema uns alle. Und es reicht nicht, nur darüber nachzudenken, wie wir die Rente langfristig finanzieren. Wir müssen sie auch gerechter gestalten – zwischen und innerhalb der Generationen. Denn am Ende geht es um nicht weniger als die Würde im Alter.
Elisa Wittler, Mitglied der Jugend-Enquete-Kommission 2023 zu den Alterssicherungssystemen in Deutschland
[inne]halten - das Magazin 23/2025
Glauben wir an denselben?
Ein christlicher, ein jüdischer und ein muslimischer Theologe im Gespräch
Lesen Sie im [inne]halten-Magazin unseren Themenschwerpunkt und weitere Geschichten und Berichte aus dem kirchlichen Leben.
Reform ist Jüngeren gegenüber ungerecht
Viele von uns mögen auf den von Bundeskanzler Merz angekündigten „Herbst der Reformen“ warten – bei der Rente brauchen wir aber gerade nicht die angestrebte Reform. Diese macht alles noch schlimmer: Sowohl Haltelinie als auch Mütterrente werden enorme Kosten für Steuer- und Beitragszahler – also die jüngere Generation – verursachen und sind das krasse Gegenteil von generationengerecht.
Die Haltelinie schafft den Nachhaltigkeitsfaktor ab, der die finanzielle Bürde des demografischen Wandels zu gleichen Teilen auf die jüngere und die ältere Generation verteilt hatte. Dies verschafft den Rentnern höhere Rentensteigerungen, den Jüngeren aber höhere Steuer- und Beitragszahlungen, und zwar bis 2045 rund 500 Milliarden Euro. Die Mütterrente schafft eine Ungerechtigkeit ab zugunsten derer, die Kinder vor 1992 bekommen haben, kommt den jüngeren Menschen – darunter auch viele Mütter – mit rund 5 Milliarden Euro im Jahr teuer zu stehen und ist ihnen gegenüber ungerecht.
Beide „Reformen“ sind rückwärtsgerichtet und belasten den Bundeshaushalt, was die Möglichkeiten, in Bildung, Innovation und Infrastruktur zu investieren, in die Zukunft also, weiter einschränken wird. Solche Scheinreformen sollten nicht umgesetzt werden.
Prof. Axel Börsch-Supan, Direktor Emeritus des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik



