Gerechtigkeit
23.04.2024


72 Stunden Engagement und gute Laune

Drei Tage lang haben bundesweit Jugendliche mit politischen, sozialen und ökologischen Projekten unsere Welt ein kleines bisschen besser gemacht. Allein im Erzbistum München und Freising stemmten die Jugendlichen 93 Projekte. Wir haben zwei der einfallsreichen Aktionen begleitet.

Samstagnachmittag im Pfarrheim von St. Birgitta in Unterhaching (Landkreis München): seit Stunden spielen Ministranten, Kinder von Asylhelfern und Asylbewerbern bei der Spiele- und Spaßolympiade miteinander an verschiedenen Stationen. Mittags gab es Nudeln mit Tomatensoße und Gemüse, jetzt sind alle wieder gestärkt und mit Feuereifer dabei. Vom durchwachsenen Aprilwetter lassen sie sich nicht die Laune vermiesen: „Ich find’s gut, dass wir alle hier zusammen sind und Spaß haben“ und „schön, dass es so viel Abwechslung gibt“ sagen Mike (11) und Abby (14). Mit ein paar anderen sitzen sie gerade vor einem Spielebrett und beweisen ihr Allgemeinwissen. Am Vormittag haben sie schon selbst erfundene Tänze präsentiert, die ziemlich nach Hip-Hop aussahen und gemischte Teams für die nächsten Spielstationen gebildet.


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Offen für neue Kontakte

Teamarbeit – das war für die Oberministrantinnen Katharina Matecki und Andrea Weirich auch die Grundidee, warum sie Ministranten und Asylbewerberkinder für die 72-Stunden-Aktion zusammengebacht haben: „Der Aufhänger der BDKJ-Aktion war ja, dass man 72 Stunden etwas Gutes tut, und da haben wir uns als Ministranten stark angesprochen gefühlt!“, erklärt Oberministrantin Katharina Matecki. Und Andrea Weyrich, ebenfalls Oberministrantin, ergänzt, dass die Jugendarbeit der Ministranten ähnlich aufgestellt sei, wie die Kinderbetreuung des Asylhelferkreises. Deswegen war der Gedanke, zusammen etwas auf die Beine zu stellen, sich kennenzulernen und vor allem: miteinander zu spielen. Seit 2015 gibt es in Unterhaching eine Asylbewerberheim, das 2002 für die Flüchtenden aus der Ukraine nochmal erweitert wurde. Für Katharina Matecki geht es im Kontakt mit den Asylbewerberkindern darum, den eigenen Horizont zu erweitern.

Spielerisch klappt das zum Beispiel bei Yussuf (11) und Basti (10) schon ganz gut. Basti sagt: „Wir haben gelernt, dass jeder anders ist, also zum Bespiel auch jeder andere Sachen mag!“ Und Yussuf gibt zu, ein bisschen scheu zu sein: „Am Anfang ist es für mich ein Stück peinlich. Wenn ich sie dann besser kennengelernt habe, läuft es besser!“ Die beiden waren in der Mittagspause auf dem Fußballplatz, jetzt sind sie in verschiedenen Teams beim Quiz dabei, machen Geschicklichkeitsspiele und Gedächtnisübungen und freunden sich an. Zum Beispiel beim Überqueren eines imaginären Flusses: eine abgemessene Strecke im Pfarrsaal müssen die Jugendlichen hinter sich bringen, balancierend von einer kleinen Matte zur nächsten, einer nach dem anderen. Dabei darf kein Fuß den Boden berühren. Wenn der „Mattenweg“ vorne abreißt, werden Matten von hinten geholt und vorne angestückelt. Da geht es um Geschicklichkeit und Schnelligkeit. Und bei den Teilnehmern wurde das Spiel mit viel Hallo gefeiert. Genau das ist das Ziel der Oberministrantinnen Katharina und Andrea bei der Spiele- und Spaßolympiade: Kontakte knüpfen, voneinander lernen und viel Spaß haben.

Enkel- trifft Großelterngeneration

Ortswechsel: 40 Kilometer östlich von Unterhaching, in Haag, sind für die 72 -Stunden-Aktion Ministranten am Sonntagnachmittag in das Altenheim St. Kunigund gekommen. Im Gepäck: jede Menge Kuchen, selbstgebastelter Tischschmuck und – ihre Instrumente: Auf drei Stockwerken begleiten die Minis die Senioren beim Kaffeetrinken mit ihren Musikinstrumenten. Vom Hackbrett bis zum Tenorhorn ist alles dabei, und manche der kleinen Musiker sind schon erstaunlich sicher auf ihrem Instrument. Und während die einen musizieren, versorgen ein paar andere die Senioren mit Kaffee und Kuchen. Ab und zu ergibt sich dann auch ein Gespräch mit den Heimbewohnern. Die 10- jährige Hanna, in ihrer Musikgruppe souverän am Hackbrett, strahlt: sie hat viel Lob bekommen, weil sie mit den Pflegern Kaffee und Kuchen in die Zimmer gebracht und an die Heimbewohner verteilt hat, die nicht mehr so mobil sind. Hanna kennt das Altenheim St. Kunigund bereits, weil ihre eigene Uroma hier gewohnt hat.

Ein buntes „Orchester“ bringt musikalische Freude

Die Idee zum Besuch im Altenheim hatten die Jugendlichen aus der benachbarten Kuratie St. Christoph selbst, erklärt Ministrantenbetreuerin Martina Hoppe. Die Jugendlichen hätten ihre Großeltern noch bzw. hätten Sie vor ihrem Tod mitgepflegt, deshalb sei die Hemmschwelle nicht sehr hoch gewesen, meint Hoppe. „Die Ministranten wollen auch Senioren, die keine Familie haben, die sich um sie kümmert, einen schönen Nachmittag bereiten. Natürlich sind da auch ein paar Schüchterne dabei. Aber wir haben die Gruppen so gemischt, dass die Extrovertierten die anderen mitreißen.“

Queer Beet spielen die Jugendlichen in unterschiedlichen Besetzungen, zum Beispiel Hackbrett - Gitarre – Violine. Ob „Europa-Hymne“, englisches Traditional oder das Volkslied „Die Vogelhochzeit“: die Senioren fühlen sich bestens unterhalten und singen manchmal sogar mit. „Perfekt, was uns da alles geboten wird. Gerade so junge Leute, die hätten ja am Sonntagnachmittag etwas anderes zu tun, als die alten Leute zu besuchen“, sagt Heimbewohnerin Philomena Kasparbauer.

Theoretisch ja, aber die jungen Ministranten erfüllen ihre selbstgewählte Aufgabe mit Hingabe. Nach zwei Stunden servieren, musizieren und Hin und her flitzen sind sie ein bisschen erschöpft, aber zufrieden: „Ich finde es schön, dass wir den Senioren eine Freude machen konnten“, „alte Menschen, die hier sind, weil niemand sich drum kümmern kann – gerade denen haben wir heute ein bisschen Unterhaltung gebracht.

Übrigens: auf den knallgrünen T-Shirts des BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) steht „Uns schickt der Himmel“. Bei den beiden Aktionen in Unterhaching und Haag hatte man den Eindruck: Ja, stimmt.

Willi Witte
Artikel von Willi Witte
Redakteur und Channel-Manager
Entdeckt Brauchtum neu und kümmert sich um kirchenpolitische Themen.