Besonderes Recycling
Individuelle Urnen für persönlichen Abschied
Zwei junge Frauen aus Regensburg wollen mit handgefertigten Urnen aus Papier, individuell gestaltbar, das Thema Sterben und Abschied enttabuisieren.
Alles begann, als Kristina Scheidig vor zehn Jahren ihren Vater verlor. Ihre Aufgabe war es, beim Bestatter eine Urne auszusuchen. „Keine dieser Urnen entsprach meinem Vater“, erinnert sich die heute 31-Jährige. „Weder sprach uns als Familie das Design an noch die Materialien.“ Deswegen beschloss Kristina, die damals eine Lehre zur Geigenbauerin absolvierte, selbst eine Urne zu bauen. „Und so haben wir festgestellt, dass es einen Bedarf an schöneren nachhaltigeren Urnen gibt.“
Gemeinsam mit ihrer Freundin Katharina Scheidig gründet Kristina urnfold und die ersten Urnenmodelle. „Wir sind vom Holz zu Papier gewechselt, da Papier noch nachhaltiger ist“, erklärt Steinhauf. „Außerdem haben viele Menschen einen Bezug zu Papier.“ Hinzu kommt, dass sich Papier gut gestalten lässt. Nicht nur farblich, sondern auch bei der Auswahl, woraus das Papier für die Urne gewonnen wird. Insgesamt 16 verschiedene Varianten bieten Kristina und Katharina inzwischen an. Ob Papier aus Biermaische, mit Hanf oder aus Altpapier. Doch nicht nur das Papier, die Form oder die Farbe machen die Urnen einzigartig. „Jeder kann sich überlegen: Was hat mich mit der verstorbenen Person verbunden?“, erklärt Kristina die Intention hinter ihrer Erfindung, „Man kann Papier bemalen, beschriften, bekleben oder besprühen. Dadurch ist die Hemmschwelle, sich mit dem Abschied, mit dem Tod auseinanderzusetzen, niedriger.“
Papier – nachhaltig und vielseitig
Während das Modell „Raum mit vielen Falten“ an einen Lampion erinnert, bietet das Modell „Zeit“ glatte Flächen, die gut zu gestalten sind. So kam es schon vor, dass eine Familie die Urne mit Kreuzworträtseln beklebte, weil die Verstorbene diese sehr liebte.
„Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, freut sich Kristina, wenn sie sich an persönliche Gestaltungen ihrer Papierurnen erinnert. „Wenn man sich bereits im Leben damit beschäftigt, wie der Tod und das Sterben sein können, macht es die Sachen nicht einfacher“, vermittelt Kristina ihre Erfahrung. „Aber man ist besser vorbereitet, hat eine andere Handlungsgrundlage und kann einen Abschied persönlicher gestalten, sodass er zum Verstorbenen und den Hinterbliebenen passt.“
Und der Tod ist eines der wenigen Themen, die jeden Menschen gleichermaßen betreffen. Für ihre Idee der nachhaltigen, persönlich gestaltbaren Urnen wurden die zwei Regensburgerinnen erst kürzlich mit dem German Design Award ausgezeichnet und tragen den Titel Kultur- und Kreativpilotinnen.
Zum Nachhören: Der Beitrag "Urnen aus Papier" ist unter den Kapitelmarken der Episode vom 14.2.2024 zu finden und läuft ab Minute 8:27.