Beten, Arbeiten, Leben - Benediktiner bieten Kloster-Leben auf Zeit
Klosterleben auf Zeit: Trierer Benediktiner-Mönche wagen einen pragmatischen Ansatz gegen klösterlichen Fachkräftemangel und laden spirituell Suchende ein. Kost und Logis werden durch Mitarbeit beglichen.

In Trier können Interessierte in die Welt des Klosterlebens eintauchen: Frauen wie Männer, Christen wie Nichtchristen sind aufgerufen, bis zu drei Jahre in der Benediktiner-Abtei Sankt Matthias zusammen mit aktuell zwölf Mönchen zu leben. Das Kloster ist mit seiner mehr als tausendjährigen Geschichte überregional als Pilgerstätte bekannt. Seine Basilika beherbergt mit den Gebeinen des heiligen Matthias das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen und zieht zahlreiche Gäste an.
„Was können wir tun gegen den Fachkräftemangel, haben wir uns gefragt", sagt Bruder Daniel Blau. „Denn der trifft auch unsere Brudergemeinschaft." Der Mönch ist als Mitglied im Pilgerteam unter anderem für die Betreuung dieser Gruppen zuständig. Darüber hinaus wirkt er im Klosterladen, in der Verwaltung und im Gästebereich mit. Bis zu 6.500 Pilger begrüßen die Mönche pro Jahr.
Für drei Jahre im Kloster leben
Wie in der deutschen Gesellschaft insgesamt steigt auch das Durchschnittsalter der Trierer Mönche. Zudem nimmt ihre Zahl ab. „Um zukunftsfähig zu bleiben, haben wir nach Möglichkeiten für das Kloster geschaut", erklärt der 48-jährige Ordensmann.
Nach einem mehrjährigen Prozess fällt im Jahr 2024 die einstimmige Entscheidung: Die Mönche öffnen ihre Bruderschaft und laden andere zum Mitleben in ihre klösterliche Gemeinschaft ein. Bis zu drei Jahren besteht damit die Möglichkeit eines Klosterlebens auf Zeit, Verlängerung nicht ausgeschlossen - jedoch mindestens sechs Monate.
Mehr Frauen als Männer im Kloster
In Deutschland gibt es unter den Männerorden und -kongregationen 111 selbstständige Ordensprovinzen, Abteien und Priorate von 65 verschiedenen Ordensgemeinschaften. Rund 3.200 Ordensmänner sind es in den 369 klösterlichen Niederlassungen, bilanziert der Sprecher der Deutschen Ordensobernkonferenz, Arnulf Salmen, im April.
Bei den Frauenorden ist die Zahl der Gemeinschaften, Niederlassungen und Mitglieder in Deutschland um ein Vielfaches größer: Es gibt etwa 300 Generalate, Provinzialate, Abteien und selbstständige Einzelklöster mit etwa 9.500 Ordensfrauen. Sie leben in 883 klösterlichen Niederlassungen.
Neben diesen - in der Deutschen Ordensobernkonferenz organisierten - Ordensgemeinschaften sind hierzulande noch weitere aus dem Ausland stammende Gemeinschaften tätig.
„Alle sind herzlich willkommen, unabhängig von Geschlecht oder Hintergrund, sofern ein christliches Grundverständnis vorhanden ist", heißt es, als sich die Brüder im Frühjahr 2025 mit einem Onlinevideo an die Öffentlichkeit wenden. „Unser Angebot richtet sich an Menschen jeden Alters, an Studierende, Menschen in Ausbildung, Berufstätige, Rentner, Geschlecht und Herkunft sind unerheblich."
[inne]halten - das Magazin 10/2025

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Mönche offen für Nichtchristen
Mögliche neue Mitbewohner müssen nicht unbedingt Mitglied einer christlichen Kirche sein, berichtet Abt Ignatius Maaß, der seit 20 Jahren die Gemeinde leitet. „Aber natürlich dürfte sich so jemand nicht an unserem Beten stören. Das gemeinsame Beten nennt der Geistliche als erste Kernaufgabe des Klosters.
Danach folge alles, was mit dem Kloster als Pilgerort zusammenhänge, und die Gastaufnahme im Sinne der benediktinischen Gastfreundschaft. Voraussetzung, um im Kloster zu leben, sei die aktive Mitarbeit - je nach persönlicher Befähigung. „Die Person kann in unserem Laden, in der Verwaltung oder im Klostergarten tätig sein", beschreibt der Abt die Möglichkeiten. „Alles, was uns unterstützt, ist möglich."
Keine starren Kleidervorschriften
Individuell beantwortet wird auch die Frage, ob die Nichtmönche im Kloster ihre normale Kleidung oder etwa ein traditionelles Obergewand tragen. Es kommt darauf an, wie der Mensch sich wohlfühlt. Die Kosten für Unterkunft und Essen werden durch die Mitarbeit beglichen. „Nehmen wir zum Beispiel einen IT-Studenten. Dieser würde dann hier leben und uns technisch helfen", verdeutlicht Abt Ignatius Maaß. „Er zahlt dann keine Miete."
Die zeitweisen Mitglieder der Klostergemeinschaft erhalten umfangreiche Einblicke, denn die Benediktiner gelten als einer der ältesten Orden überhaupt. Gegründet wurden er von Benedikt von Nursia im sechsten Jahrhundert. Die Gebeine des heiligen Matthias brachte laut Überlieferung von Helena, der Mutter des römischen Kaisers Konstantin, nach Trier. Seit Jahrhunderten pilgern daher Menschen zu den Benediktinern - jetzt können sie auch bei ihnen leben.
Matthias Jöran Berntsen