Ablass – ein Reizwort im Heiligen Jahr
Am Heiligen Abend hat Papst Franziskus das Heilige Jahr 2025 unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ eröffnet. Gläubige können einen sogenannten Ablass bekommen, seit Jahrhunderten ein Streitthema.
Ablass – ein Reizwort seit der Reformation. Martin Luther hat gegen den Missbrauch des Ablasses gewettert, Kardinal Gerhard Müller nannte ihn als Präfekt der Glaubenskongregation einen „Betrug an den Gläubigen“. Also: ein anachronistisches Relikt einer vergangenen, überwunden geglaubten Kirche, eine skurrile „Frömmigkeitsübung“?
Weltlicher Ablasshandel im 21. Jahrhundert
Ablass – so „schräg“ er in der Kirche anmutet – im profanen Bereich taucht er wieder auf, allerdings missbräuchlich. Weil es dort nur um Imagepolitur geht. Mit der Rede vom „Ablasshandel gegen den Müll“ wird suggeriert, dass mit dem Kauf von „Plastic Credits“ die umweltschädliche Flut an Plastikmüll eingedämmt wird. Klimaschädliche Langstreckenflüge können mittels einer Spende für Klimaschutzprojekte gerechtfertigt werden. Der CO2-Fußabdruck wird eruiert: Wir berechnen damit den Schaden, den wir mit unserer Lebensweise anrichten, und jeder kann sich freikaufen – nichts anderes als moderner Ablasshandel, Spenden gegen das schlechte Gewissen.
Frage nach dem Heil
Genau darum geht es nicht! Der Ablass ist kein Erwerb eines Freispruchs von Sünden. Ablass (lateinisch „indulgentia“) bezeichnet einen „Gnadenakt“ der Kirche, ursprünglich entstanden, um in der Beichte auferlegte Bußzeiten zu verkürzen oder zu erlassen. Nach Wegfall zeitlich begrenzter Bußauflagen bekam der Ablass ein neues Ziel: die Folgen der Sünde. Ganz kurz: Wer sündigt, schädigt. Sich selbst oder andere. Wie können die Schäden bereinigt werden? Dahinter steht die Frage: Wie geht das – heil werden? Die Kirche sieht mit der Gewinnung des Ablasses einen Weg: Beichte, Kommunionempfang, Gebet (Vaterunser, Ave-Maria, Ehre sei dem Vater), guter Vorsatz, „fromme Werke“ (Messe, Wallfahrt, Kirchen- oder Friedhofsbesuch). Solch ein Ablass könnte täglich gewonnen und er kann auch Verstorbenen gewidmet werden.
Nachdenken, was der Seele guttut
Wenn der Papst an Weihnachten oder an Ostern den Segen „Urbi et orbi“ spendet, ist damit auch ein „vollkommener Ablass“ verbunden – sofern die genannten Bedingungen erfüllt sind. Freilich: Biblisch begründet ist der Ablass nicht. Papst Paul VI.(† 1978) betonte, die Kirche überlasse es dem Einzelnen, „solche Mittel der Läuterung zu gebrauchen“ oder nicht: Wer damit etwas anfangen kann, tut es. Anderen, denen der Ablass fremd bleibt und denen sich dessen Verständnis nicht erschließt, sei gesagt: An den Ablass muss ich nicht glauben. Er ist nicht „heilsnotwendig“. Es tut uns aber gut, darüber nachzudenken, was der Seele guttut! Und was dem „Heil“ dient.
Andreas R. Batlogg SJ