Achtsamkeit
20.11.2024

„Singen befreit schon sehr“

Der Musiker und Fernsehmoderator Werner Schmidbauer erholt sich bei Yoga und vor allem durch Musik. Liedermacher-Kollegin Monika Drasch hat mit ihm ein exklusives Interview für Innehalten.de über Spiritualität und Achtsamkeit geführt.


Foto: © Imago/Panama Pictures

Wie viel Spiritualität liegt für Dich im Singen?

Sehr viel! Ich glaube, dass man sich über das Singen reinigt und alles heraus atmet, was einen belastet. Ich denke da auch an indische Mantras, die jahrtausendealt sind und oft gesungen werden. In der ayurvedischen Kur, die ich jährlich mache, singt man täglich zweimal eine Stunde: je eine Meditation morgens und abends. Das befreit schon sehr. Und bei mir ist es tatsächlich so, dass ich manchmal ein Konzert erkältet anfange und gesund aufhöre. Einfach, weil das heilt und bei mir eine sehr spirituelle Tätigkeit ist. Genauso wie meine Liedermacherei, die ja vordergründig nichts mit Religion zu tun hat.

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Wie erholst Du Dich nach Konzerten?

Im Prinzip muss ich mich nicht wirklich erholen, denn wenn es ein schönes Konzert war, bekomme ich sehr viel Energie zurück. Allerdings: Wenn ich länger auf Tour bin, wird es mit der Zeit ein Schlafproblem. Man kommt nach Konzerten ja nie vor elf oder zwölf Uhr nachts ins Bett, meistens später. Ich bin aber ab sechs Uhr wach und mache dann Yoga, fast jeden Tag. Das hat viel mit Atmung zu tun, Entspannung, aber auch mit Dehnung. Das ist eine gute Stunde, meistens in der Früh.

Was hält Dich gesund an Leib und Seele?


An Seele macht mich das Meditieren gesund. Aber auch das In-die-Berge-Gehen. Andere Leute gehen viel in die Kirche, ich gehe viel in die Berge, wenn ich kann. Momentan bin ich recht gehandicapt, weil mein rechtes Knie einen Schaden hat und schmerzt. Kürzlich hatte ich einen Termin in München und habe mich körperlich nicht so gut gefühlt. Dann bin ich auf dem Weg heraus aus der Stadt einfach noch kurz auf den Olympiaberg gegangen, hab auf meine Geburtsstadt heruntergeschaut. So etwas gibt mir sehr viel Kraft.

Und es macht mich gesund, dass ich versuche, mich ordentlich zu ernähren. Dass ich meistens ayurvedisch esse und versuche, wenig Fleisch zu konsumieren. Jedenfalls nichts aus zwielichtig produzierter Massentierhaltung, Schweinefleisch gar nicht mehr. Es ist, glaube ich, die Kombination aus gut essen und gut denken. Ich versuche, nicht schlecht zu denken, zu urteilen oder mich selbst zurückzusetzen. Das macht einen ja auch krank. Gutes Essen, gutes Denken und gute Bewegung. Gute Ruhe. Das macht mich gesund.

Werner Schmidbauer: Liedermacher, Musiker und Moderator

Werner Schmidbauer ist seit Ende der 1970er Jahre als Liedermacher auf Tour. Im Fernsehen arbeitet er vorwiegend für den Bayerischen Rundfunk. Schmidbauer moderierte 460 Ausgaben der Sendung „Live aus dem Alabama“. Seit 2003 ist er Moderator der Reihe „Gipfeltreffen“, bei der Schmidbauer mit einem Gesprächspartner eine Bergwanderung unternimmt. Seit 2006 ist Werner Schmidbauer zudem mit dem Sendungsformat „Aufgspuit – Werner Schmidbauer mit …“ zu sehen. In dieser Reihe lädt er Musikerkollegen ins Münchner Lustspielhaus ein, um zusammen live zu musizieren.

Für die Talkshow „Live aus dem Alabama“ erhielt Schmidbauer 1984 den Adolf-Grimme-Preis. 2009  wurde ihm die Bayerische Staatsmedaille für Verdienste um die Umwelt verliehen. Im Juni 2018 wurde er mit dem Bayerischen Verdienstorden geehrt. Der 63-Jährige lebt in Bad Aibling bei Rosenheim.

Spielst Du gern in Kirchen?

Ich habe öfters in Kirchen gespielt – einmal in einer ganz schönen, ganz alten Kirche in Schwandorf, die zu einem Konzertsaal umgebaut war. Im Prinzip spiele ich gerne in Kirchen, es ist nur manchmal so, dass die Textverständlichkeit nicht gut funktioniert. Wenn es zu sehr hallt und man nichts versteht, wird es schwierig. Obwohl ich kein praktizierender Katholik bin, bin ich trotzdem ein gläubiger Mensch. In Aibling habe ich etwa zweimal im Jahr in der Messe gespielt mit Songs von mir zu Themen wie Freude, Stille oder Licht, und der Pfarrer hat gepredigt.

Dein Lieblingsweihnachtslied?


Mein Lieblingslied ist, das mag jetzt sehr einfach klingen, „Stille Nacht, heilige Nacht“.
Weil ich da meine Oma noch singen höre. Die ist gestorben, als ich noch ein kleiner Bub war. Sie hat das Lied in der Christmette immer mitgesungen. Und meine Mutter war irgendwann schwer dement, aber der Text, an den sie sich bis zuletzt noch erinnert hat, war: stille Nacht, heilige Nacht. Das hat sie am Ende ihres Lebens noch immer mitgesungen, auch darum ist für mich dieses Lied, das am Heiligen Abend in der Kirche gesungen wird, noch immer das liebste und schönste Weihnachtslied. Wir gehen meistens in die Kindermesse, weil die Kinder viel schöner, lauter und lustiger singen als die Erwachsenen.

Dein größter Herzenswunsch?

Na ja, es gibt ja immer zwei Herzenswünsche. Der eine für mich selbst, dass ich demütig, dankbar und achtsam bleibe und bin und werde. Ich werde, weil ich sicher auch Leute verletzt habe und Versprechen nicht einlösen konnte. Das wünsche ich mir: dass ich mir diese Achtsamkeit und Dankbarkeit bewahren kann für das Glück, dass ich in einem Land lebe, in dem ich meine Musik machen kann. Dankbarkeit für drei erwachsene Kinder und dass ich jetzt auch schon Opa bin. Dass ich in späten Jahren noch eine große Liebe gefunden habe: Das ist ein unfassbares Glück. Dass mir die Fähigkeit, dieses Glück zu empfinden, nicht verloren geht, das wünsche ich mir sehr. Und dass ich gesund bleibe. Denn wenn man Schmerzen hat, wenn man krank ist, dann ist alles nicht mehr so lustig. Da relativiert sich vieles. Oder alles.

Der größte Herzenswunsch für die Menschheit aber ist: dass wir alle wieder achtsam werden und nicht nur verletzend sind, dass wir von unseren Egoismen wegkommen und uns von der virtuellen, oft negativen Macht des Internets nicht überrollen lassen. Dass wir endlich aufhören, uns selbst für besser zu halten, nur weil wir da geboren sind, wo wir herkommen, das wünsche ich auch anderen Völkern. In einem Wort: Frieden und Freundschaft für die Welt. Das klingt furchtbar naiv. Man braucht aber oft naive Utopien, gerade wenn die Welt brutal und ziemlich „am Hund“ ist. Und ich wünsche mir für die Kinder dieser Welt, dass auch deren Kinder noch eine lebenswerte Zukunft haben auf dieser Erde, die unter anderen auch wir als Generation ziemlich heruntergewirtschaftet haben. Jede Menge Wünsche also.

Interview: Monika Drasch

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