Andrea Grießmanns Suche nach Heimat
Wo bin ich zu Hause? Diese Frage zieht sich durch Andrea Grießmanns Leben. Ihr Vater arbeitete als Ingenieur bei Siemens, also musste die Familie seinen Jobs hinterherreisen. Bis heute ist sie nicht wirklich sesshaft geworden – und hat trotzdem ihre Heimat gefunden.

Geboren wurde Grießmann 1968 in Berlin, doch schon bald ging es für sechs Jahre ins spanische Castelldefels. Dort ging sie in den Kindergarten und besuchte die erste und zweite Klasse. Es war zwar die Zeit der Franco-Diktatur, doch als Kind habe sie davon nichts mitbekommen und die Zeit am Strand genossen. Dann verschlug es die Familie zurück nach Deutschland, nach Franken. Dort fühlte sie sich schnell heimisch und schloss Freundschaften, die bis heute halten.
Als sie zwölf Jahre alt war, ging es für die Grießmanns nach Buenos Aires. Abgesehen von ihrer älteren Schwester, die gerade das Abitur gemacht hatte, war die Familie darüber wenig erfreut: „Ich war in einem schwierigen Alter, um verpflanzt zu werden“, erinnert sich die Moderatorin. Sie ging auf die deutsche Goethe-Schule, weil das die einzige Schule war, deren Zeugnisse später in Deutschland anerkannt wurden, und blieb so in der deutschen Community.
Geboren wurde Grießmann 1968 in Berlin, doch schon bald ging es für sechs Jahre ins spanische Castelldefels. Dort ging sie in den Kindergarten und besuchte die erste und zweite Klasse. Es war zwar die Zeit der Franco-Diktatur, doch als Kind habe sie davon nichts mitbekommen und die Zeit am Strand genossen. Dann verschlug es die Familie zurück nach Deutschland, nach Franken. Dort fühlte sie sich schnell heimisch und schloss Freundschaften, die bis heute halten.
Als sie zwölf Jahre alt war, ging es für die Grießmanns nach Buenos Aires. Abgesehen von ihrer älteren Schwester, die gerade das Abitur gemacht hatte, war die Familie darüber wenig erfreut: „Ich war in einem schwierigen Alter, um verpflanzt zu werden“, erinnert sich die Moderatorin. Sie ging auf die deutsche Goethe-Schule, weil das die einzige Schule war, deren Zeugnisse später in Deutschland anerkannt wurden, und blieb so in der deutschen Community.
In Argentinien gefühlt wie Mork vom Ork
Auch wenn sie dort in ihren Schuluniformen auf den ersten Blick alle gleich aussahen, bemerkte sie in der Freizeit oder beim Umziehen für den Sportunterricht schnell gravierende Unterschiede zwischen sich und den anderen Mädchen: „Meine Mitschülerinnen waren alle schon wie erwachsene Frauen angezogen. Ich begriff mich aber noch als Mädchen und zog mich auch so an“. Als die Mitschülerinnen ihr Unterhemd sahen, wurde sie ausgelacht: „Ich kam mir vor wie Mork vom Ork (Fernsehsitcom Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre über den Außerirdischen Mork vom Planeten Ork, der im Auftrag seines Planeten die Erde erforscht, Anmerkung der Redaktion), aber meine Mutter führte damals das Diktat: Haltet Euch warm. Man trägt ein Unterhemd, das wird in die Unterhose gesteckt, damit es wärmt“. Inzwischen hat Grießmann selbst dieses „Diktat“ an ihre eigenen Kinder weitergegeben – und wenn sie selbst Unterhemden trägt, denkt sie an ihre Mutter und ihre Oma, die beide nicht mehr leben.
Während ihrer Zeit in Argentinien hat Grießmann immerhin eine Freundin gewonnen. Vielleicht auch, weil die Familie wusste, dass sie höchstens drei Jahre dort bleiben würden, verharrte Grießmann in Gedanken in ihrer alten Heimat Uttenreuth: „Das war einfacher, als sich wirklich auf das Neue einzulassen“, meint sie rückblickend. Halt gaben ihr ihre Katze Jule, die sie aus Franken mitgenommen hatte, und die Brieffreundschaften zu ihren alten Freundinnen – auch wenn es manchmal fünf Wochen dauerte, bis die Briefe ankamen.
Zurück in Franken, hatten die zweieinhalb Jahre in Argentinien Spuren hinterlassen: „Ich sprach so schnell Deutsch, wie man in Argentinien Spanisch spricht, und redete mit Händen und Füßen. Natürlich wurde ich deshalb von meinen Mitschülern ausgelacht“, erinnert sie sich. Zwar sei sie froh gewesen, wieder zurück zu sein, aber sie habe schnell bemerkt, dass man zweieinhalb Jahre nicht einfach so nachholen kann.
Geborgenheit in der evangelischen Kirchengemeinde
Vor ihrer Konfirmation wurde die evangelische Kirchengemeinde zu einer Art Heimat für sie: „Wir hatten eine tolle Pfarrerin, und ich habe mich in den Jugendgruppen aufgefangen gefühlt“, sagt sie – und das, obwohl ihre Eltern den Glauben nie offen praktiziert hatten.
Bis heute sind Kirchen für sie „ein wunderbarer Ort zum Wiederauftanken“. Während ihrer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau, die sie eher ihren Eltern zuliebe absolvierte, suchte sie in der Mittagspause immer wieder in der Altstätter Kirche nach Ruhe, um einen Ausgleich zum lauten Reisebüro zu haben, in dem sie arbeitete. „In Kirchen kann man mit sich alleine sein oder in Zwiesprache mit Gott treten. Es ist ein öffentlich zugänglicher Raum für jeden, der Ruhe oder Ansprache sucht“, so Grießmann.
Ständige Ortswechsel genießt sie bis heute
Schließlich fand sie ihre wahre Berufung im Journalismus: Nach ihrem Volontariat bei Franken Funk und Fernsehen (heute Franken Fernsehen) arbeitete sie unter anderem für den WDR in Düsseldorf, den NDR und im BR-Studio Franken. Stolz erzählt die Fernsehmoderatorin, seit über dreißig Jahren selbstständig zu sein. Die damit verbundenen ständigen Ortswechsel genießt sie: „Wahrscheinlich würde ich es gar nicht an einem einzigen Ort aushalten. Ich bin darin geübt, irgendwo neu anzufangen und Kontakte zu knüpfen“. Dazu gehört auch, dass sie immer von außen in eine neue Redaktion kommt und nur für ein paar Tage bleibt. Das bringt einen offeneren Blick mit sich, als wenn man jahrzehntelang zum selben Arbeitsplatz geht.
Für das WDR-Reisemagazin „Wunderschön“, das sie zehn Jahre lang im Wechsel mit Tamina Kallert moderierte, bereiste sie fast die ganze Welt und brachte sie zu den Zuschauern ins Wohnzimmer: „Man kann auch im Kopf reisen, wenn man bewegungslos im Bett liegt“, meint Grießmann. Man könne sich wegdenken und Bezüge zu eigenen Reiseerlebnissen herstellen.
Beschäftigung mit der eigenen Suche nach Heimat
Bei so vielen Ortswechseln haben sie immer wieder die Fragen „Wo gehöre ich hin? Wo ist meine Heimat? Habe ich überhaupt eine? Kann man mehrere Heimaten haben?“ beschäftigt. Deshalb hat sie in ihrem Buch „Wunderschöne Welt“ nicht nur Anekdoten aus den Drehs für ihre Fernsehsendungen zusammengetragen, sondern ihre eigene Suche nach Heimat geschildert.
Wo ist denn nun Andrea Grießmanns Heimat? „Natürlich in Franken, denn dort habe ich die meiste Zeit verbracht und Kontakte geknüpft, die bis heute bleiben, und mein Vater und meine Schwestern leben noch dort.“ Aber auch in Spanien, wo sie sechs Jahre ihrer Kindheit am Strand verbrachte, habe sich „ein Gefühl der Wärme verankert“, obwohl damals die Franco-Diktatur herrschte. Bis heute trifft sie sich einmal im Jahr mit ihren Schwestern in Castelldefels, dem Ort ihrer Kindheit, zum einwöchigen Strandurlaub. In Köln, wo sie zwölf Jahre mit ihrer Familie gelebt hat und ihre Kinder großgeworden sind, fühlt sie sich ebenfalls heimisch – genau wie in Bielefeld, wo ihr erster Sohn geboren wurde und sie über sechs Jahre ihre erste Fernsehsendung moderiert hat: „Die Menschen dort sind schwer zu kriegen, weil sie eher mundfaul sind. Aber wenn Du sie hast, dann hast Du sie für immer“, lacht die Moderatorin. In den letzten Jahren hat sie viel Zeit in München und Umgebung verbracht, auch dort fühlt sie sich wohl. Mit dieser ausführlichen Antwort hat sie sich eine Frage selbst beantwortet: Man kann mehrere Heimaten haben.