Vor-Weihnachtszeit
Angst und Hoffnung im Advent: Was das Evangelium über Krisenzeiten lehrt
Die Adventszeit bietet die Chance, trotz Unsicherheiten und Ängsten nach vorne zu blicken. Das Evangelium des ersten Adventssonntags fordert dazu auf, Mut zu fassen und neue Hoffnung zu schöpfen.
Die Angst vor einem Krieg hat unter Jugendlichen zugenommen. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Shell-Jugendstudie, die im Herbst veröffentlicht wurde. Jugendliche blicken noch sorgenvoller als vor einigen Jahren auf die Zukunft in Europa. Und spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist klar: Krieg ist keine Vergangenheit, sondern gegenwärtige Realität. So sind es 81 Prozent der befragten Jugendlichen, deren größte Sorge ein weiterer Krieg in Europa ist. Im Jahr 2019 waren es noch 46 Prozent.
Die Angst vor einem Krieg nimmt auch das Evangelium des ersten Adventssonntages den Menschen nicht. Ganz im Gegenteil – dort heißt es vielmehr: „Die Menschen werden vor Angst vergehen" (Lk 21,26). Der Blick auf die Endzeit im Lukasevangelium richtet sich nicht auf ein trostvolles Bild, sondern auf ein Szenario, das Furcht auslöst und Fragen aufwirft.
Von Zeichen an den Gestirnen ist da die Rede, von der Bestürzung der Völker, vom Toben und Donnern des Meeres: Wenn man solche Worte hört, mindert das nicht unbedingt die Angst vor einem Krieg und verheerenden Naturereignissen. Beim Hören dieses Evangeliums stellt sich die Frage: Muss die Welt wirklich mit einer Katastrophe zu Ende gehen? Und sind wir nicht längst mittendrin in diesem Endzeit-Szenario?
Evangelium des ersten Advents: Eine Botschaft, die aufrüttelt
Der Text, der zum Beginn der Adventszeit zu hören ist, klingt für heutige Ohren wenig adventlich. Die Endzeitrede Jesu hat wenig zu tun mit Glühwein und Plätzchen, mit „Freut euch ihr Christen" und heimeliger Vorfreude. Jesus geht ans Eingemachte. Gerade deshalb aber ist dieses Evangelium adventlich - weil es von dem spricht, was Christinnen und Christen in diesen Tagen des Advents feiern: die Wiederkunft Christi.
Das lateinische Wort „Advent" bedeutet „Ankunft". Es geht nicht nur um den Rückblick auf die erste Ankunft Gottes in dieser Welt – damals, als Gott in Christus in Bethlehem Mensch wurde. Sondern auch um den Ausblick auf das Ende der Zeiten. Wir richten uns darauf aus, dass Christus wiederkommt, um die Welt endgültig und ein für alle Mal zu erlösen.
Advent und Angst: Wie der Glaube Orientierung geben kann
Viele Menschen vergangener Zeiten haben in der Adventszeit wieder neu die Augen auf den wiederkommenden Christus ausgerichtet. Da ist zum Beispiel Friedrich Spee, der mitten im Dreißigjährigen Krieg, mitten unter Hexenwahn und Hexenverfolgungen die Frage stellt: „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?" (GL 231, vierte Strophe)
Oder Jochen Klepper, der unter den Bedrängungen durch das Nazi-Regime hoffnungsvoll dichtet: „Die Nacht ist schon im Schwinden, macht euch zum Stalle auf! Ihr sollt das Heil dort finden ..." (GL 220, dritte Strophe) Und die Propheten, deren Texte wir in dieser Adventszeit immer wieder hören, werden nicht müde, auf die Rettung hinzuweisen, die Gott seinem Volk bringt: „In jenen Tagen wird Juda gerettet werden, Jerusalem kann in Sicherheit wohnen" (Jer 33,16).
Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen Angst haben und von Ungewissheiten gequält werden. Die Adventszeit lädt dazu ein, diese Ängste ernst zu nehmen, sie aber mit Blick auf Christus zu betrachten. Denn die Quintessenz des Evangeliums vom ersten Advent lautet nicht, sich in den eigenen vier Wänden zu verkriechen und zu hoffen, dass es doch nicht so schlimm wird.
Der Blick auf Christus im Advent
Am Ende des Evangeliums heißt es vielmehr: "Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe" (Lk 21,28). Erhobenen Hauptes dem entgegengehen, was Angst macht: Das ist ein christlicher Ausdruck der Hoffnung. So viele Menschen haben dies schon vorgelebt: In allem, was sie bedrängt, haben sie auf Gott geschaut und auf Christus vertraut.
Sie können für diesen Advent ein Beispiel sein, wie man angesichts von Angst und Not zuversichtlich bleiben kann. Zuversichtlich, weil Christus uns seine Wiederkunft zugesagt hat. Auf sein Kommen warten wir in diesen heiligen Tagen. Mit erhobenem Haupt und den Blick nach vorne gerichtet - im Wissen darum, dass uns Christus entgegenkommt, der alle Angst von uns nimmt.