Zukunft
28.11.2024

Zwischen Hitzeinseln und Ölmächten

Nach zähen Verhandlungen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku steht fest: Die Industriestaaten verdreifachen ihre jährlichen Klimahilfen für arme Länder auf 300 Milliarden US-Dollar. Keine konkreten Fortschritte gab es bei der CO₂-Reduzierung.

Der Lottbeker Teich bei Hamburg ist im Juni 2023 nach einer Hitzeperiode trocken gefallen. Tausende Fische, Kaulquappen und Teichmuscheln sind dabei verendet. Der Lottbeker Teich bei Hamburg ist im Juni 2023 nach einer Hitzeperiode trocken gefallen. Tausende Fische, Kaulquappen und Teichmuscheln sind dabei verendet. Foto: © imago/Nikito

Klimawandel – was ist das noch gleich?

Natürliche Änderungen im Klima hat es immer schon gegeben. Das gilt auch für die sogenannten Treibhausgase, darunter Kohlendioxid (CO₂). Sie sind für den Treibhauseffekt verantwortlich, der zunächst einmal ein natürlicher Vorgang ist. Die Gase greifen in die Strahlungsbilanz zwischen eingehender Sonnenstrahlung und der von der Erdoberfläche abgehenden Wärmestrahlung ein. Gäbe es dieses Phänomen nicht, betrüge die mittlere Temperatur an der Erdoberfläche minus 18 Grad; dank CO₂ und Co. sind es tatsächlich aber plus 15 Grad. Erhöht sich die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre, wird es wärmer. Diese Erwärmung hat sich in den vergangenen 100 Jahren stark beschleunigt.

Hier kommt nun der von den Menschen verursachte Treibhauseffekt ins Spiel. Ein wesentlicher Faktor dabei ist der Rückgriff auf Kohle, Erdöl und Erdgas. Bei der Verbrennung dieser fossilen Brennstoffe gelangt zusätzliches CO₂ in die Atmosphäre. Inzwischen sind 400 von einer Million Moleküle in der Atmosphäre Treibhausgasmoleküle. Vor der Industriellen Revolution lag dieser Wert bei 280 „parts per million“ (ppm).


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Welches Ziel verfolgt das Klimaabkommen von Paris?

Mit dem Klimaabkommen von Paris verständigte sich die internationale Staatengemeinschaft im Jahr 2015 darauf, den Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zu 1850 zu begrenzen, wenn möglich auf 1,5 Grad. Auf den jährlich stattfindenden Weltklimakonferenzen geht es im Wesentlichen darum, die bereits erfolgten Maßnahmen auf ihre Wirkung hin zu überprüfen, weitere Schritte im Kampf gegen den Klimawandel zu unternehmen und nach Wegen zu suchen, die bereits von der Erderwärmung betroffenen Länder zu unterstützen.

Die UN-Weltorganisation für Meteorologie (WMO) geht davon aus, dass 2024 wahrscheinlich das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen werden wird. So waren die Globaltemperaturen von Januar bis September um 1,54 Grad – mit einer Unsicherheitsmarge von +/- 0,13 Grad – erhöht.

Ist das 1,5-Grad-Ziel realistischerweise überhaupt noch zu erreichen?

Dass einzelne Jahre bereits über 1,5 Grad Temperaturanstieg zeigen, bedeutet nach Ansicht von Sönke Kreft vom Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen nicht, dass das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens gescheitert ist. „Dieses bezieht sich auf den langfristigen Temperaturanstieg, nicht auf den jährlichen, der immer auch durch natürliche Variabilitäten überlagert wird.“

Seit Beginn des Pariser Abkommens im Jahr 2015 seien die Prognosen der zukünftigen Globalerwärmung stetig gesunken, von über 3 Grad Temperaturerwärmung auf – unter optimistischen Annahmen – 1,9 Grad auf Basis der derzeitig vorhandenen Klimaziele und ihrer Umsetzung, macht der Fachmann Mut. „Dies bedeutet: Klimapolitik wirkt, aber ihre Umsetzung muss gesteigert werden. Klimaziele müssen weiter verschärft werden. Wir kämpfen um jedes Zehntel Grad“.

Was hat die Klimakonferenz in Baku gebracht?

Schon bei der letzten Weltklimakonferenz in Dubai war klar: Es braucht deutlich mehr als die bis dahin veranschlagten 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr, um vor allem ärmere Länder bei der Finanzierung ihrer Klimaschutzanstrengungen und der nötigen Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Dafür wurde in Baku ein neues Paket für die Klimafinanzierung geschnürt, das New Collective Quantified Goal, kurz NCQG. Nach verlängerten, zähen Verhandlungen einigte man sich darauf, dass die industriell weiter entwickelten Geberländer bis 2035 jährlich 300 Milliarden US-Dollar an Hilfsgeldern zahlen; Ziel bleibt eine Jahressumme von 1,3 Billionen US-Dollar.

Ausbaufähig sind nach wie vor die Anstrengungen bei der Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen und bei den nationalen Selbstverpflichtungen, den Nationally Determined Contributions, kurz NDC. Alle Vertragsstaaten müssen bis Februar 2025 neue NDCs vorlegen, mit denen sie das Ziel des Klimaabkommens von Paris erreichen wollen. In Baku sorgten Öl- und Gasförderstaaten wie Saudi-Arabien allerdings dafür, dass keine verschärften Beschlüsse zur CO₂-Verringerung getroffen wurden.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach der Klimakonferenz ist vor der Klimakonferenz. Im kommenden Jahr trifft sich die Staatengemeinschaft im brasilianischen Belem. Das größte Land in Südamerika erlebt in diesen Wochen eine Phase extremer Trockenheit. Immer wieder bedrohen Waldbrände den Amazonas-Regenwald, eine der „grünen Lungen“ der Erde. Insofern ist zu erwarten, dass Brasilien als Gastgeber der nächsten Konferenz auf mehr Tempo beim Kampf gegen den Klimawandel dringt.

Allerdings wird das Treffen vermutlich ohne einen wichtigen Player stattfinden: Der künftige US-Präsident Donald Trump hat bereits angekündigt, dass sein Land erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigt. Der Druck erhöht sich auch von anderer Seite: Gegen den angepeilten Ausstieg aus den fossilen Energien wenden sich vor allem die Öl- und Gasstaaten. Internationale Krisen und Konflikte lassen zudem befürchten, dass die Bereitschaft, in Klimaschutz zu investieren, weiter sinkt.

Was passiert in Deutschland, wenn die Durchschnittstemperatur weiter steigt?

Steigende Temperaturen werden sich laut Sönke Kreft vom Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen insbesondere in Städten bemerkbar machen. Es bildeten sich sogenannte Hitzeinseln. „Viele Städte in Deutschland sind zwar bereits dabei, mehr Grün- und Wasserflächen zu implementieren, um Innenstädte zu kühlen und den Aufenthalt an heißen Sommertagen angenehmer zu machen“, sagt Kreft. Bewohner fühlten aber bereits heute die Auswirkungen von Hitzestress, wie eine Studie des Instituts zeige. „Hitzeperioden fordern in Europa die meisten Todesopfer, im Vergleich zu anderen klimabedingten Katastrophen“, betont Kreft. „Die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen in Europa ist durch den Klimawandel schon jetzt erhöht und wird in Zukunft weiter stark steigen.“


Joachim Heinz und Christoph Schmidt

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KNA
Artikel von KNA
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