Haben wir Christen noch etwas zu sagen?
Was wir glauben, ist eigentlich unglaublich – aber es ist inspirierend, tröstend und gibt in vielen Situationen Orientierung. Bedauerlich, dass Christinnen und Christen in den drängenden Debatten unserer Zeit nicht präsenter sind. Wir müssen mehr mitreden!

Hast du Worte? Die Kirche ist krisengebeutelt, der Glaube hochpersönlich und zutiefst intim, und Gott als absolutes Geheimnis übersteigt ohnehin alle sprachlichen Kategorien ... Wie lösen wir dieses Dilemma? Haben wir Christinnen und Christen überhaupt noch etwas zu sagen? Oder ist es vielleicht besser, alles nur stumm im Herzen zu bewegen und zu schweigen?
Hierzu muss ich etwas ausholen. Und beginne mit einem Witz: „Du, Papa, kann ich eigentlich gleichzeitig Fan des TSV 1860 München und ein guter Christ sein?“ – „Freilich, Bub! Aber warum willst du dir das Leben doppelt schwer machen?“ Das berühmte Körnchen Wahrheit ist hier leider ein ganzer Felsbrocken: Der christliche Glaube wird von vielen als freudlos, „letschert“ oder schlicht irrelevant empfunden, als Gestrigkeit statt als Aufbruch, als unnötige Last statt als beflügelnde Leichtigkeit, als spaßbefreites Frömmlertum statt als mitreißende Lebensfreude, als erhobener Zeigefinger statt als ausgestreckte Hand. Nicht gut!
Wir sind ungewöhnliche Paradiesvögel
Das größte Problem ist dabei noch nicht einmal, wenn jemand von außen zunächst einen irrtümlichen Blick auf Christentum und Kirche gewinnt. Denn seien wir ehrlich – wir sind, wenn wir’s ernst meinen, schon recht ungewöhnliche „Paradiesvögel“, und was wir glauben, ist unglaublich. Es ist okay, damit bei anderen erst mal auf freundliches Desinteresse oder Unverständnis zu stoßen.
Problematisch ist vielmehr, wenn wir selbst noch nicht einmal wissen, was wir zu sagen haben. Vielleicht sind es zuerst unsere eigenen „Artikulationsstörungen“, unsere eigenen versteinerten Mienen im Gottesdienst, unsere eigene Lethargie und unser Schweigen bei Missständen, mit denen wir dazu beitragen, dass ein Zerrbild von dem entsteht, was Jesus eigentlich will und was wir eigentlich könnten.
Wir müssen mitreden!
Wir sind gern bei der Erlösung der Welt dabei, aber manchmal gerät dieselbe für uns schon aus den Fugen, wenn wir mit einem schreienden Kleinkind in der Öffentlichkeit konfrontiert sind, nicht wahr? Wir kennen die Heilszusagen Jesu Christi, aber verfallen im Alltag oft derart ins Jammern und Schwarzmalen, dass der Herr sich im Grabe umdrehen würde, falls er noch drinläge. Und was ich uns wirklich krummnehme: Viele von uns leiden, manche sogar chronisch, unter absolut unchristlicher Humorlosigkeit. Und damit machen wir uns, wie der Bub im Witz, das Leben selbst schwer.
Damit zurück zur Frage, ob wir Christen etwas zu sagen haben. Ja, haben wir, aber nicht nur am Ambo oder im Bibelkreis! Deutschland debattiert über Krieg und Frieden, über Migration und Identität, über Abtreibung und Sterbehilfe; zugleich verschärfen sich Pflegenotstand, Fachkräftemangel und Bildungsmisere. Und wir? Wir müssen da mitreden! Wohin man auch schaut, die Lage ist dramatisch. Aber dieses Wort bedeutet laut Duden: „aufregend und spannungsreich, drastisch, einschneidend“. Es riecht nach Abenteuer, nach purem Leben. Wie bitte? Aber sicher! Alles kann immer irgendeine versteckte Wendung zum Guten nehmen, kann noch dramatisch gut werden – das ist unser Credo.
Alles schreit nach Mitteilung
Strittiges will benannt und diskutiert werden, Schönes will erzählt und wie ein Lauffeuer verbreitet werden. Menschen wollen begleitet, getröstet, unterhalten, ermutigt und begeistert werden. Und all das Schlechte dieser Welt, von den kleinen selbstgemachten Plagen des Alltags über größere Ungerechtigkeiten bis hin zu Krankheit und Krieg – all das schreit immer wieder nach dem unermüdlichen Einspruch und der verzweifelten Wehrhaftigkeit aller Menschen guten Willens. Es schreit nach Mitteilung – und mitgeteiltes Leid ist geteiltes Leid, ebenso wie mitgeteilte Freude vermehrte Freude ist!
Genau an diesem Punkt muss christliches Handeln, Sprechen und Schreiben ansetzen. Das ist auch der Sinn von christlichem Journalismus: Er muss in die Gesellschaft hineinwirken, in die Welt hinaus ausgreifen. Kein biederes Sonntagschristentum ist unsere Mission, keine betuliche Schönfärberei, kein meditatives Kreisen in der eigenen heilen Komfortzone. Unser Platz ist da draußen! Das erfordert, sich bereit zu machen für mutige Veränderungen und Neuaufbrüche. (Hat bei Abraham, Moses, Maria, Paulus, Augustinus und vielen anderen auch geklappt!)
Ein solcher Aufbruch ist nun auch in Form unseres neuen katholischen Magazins mit dem Titel [inne]halten unternommen worden. Mit Berichten und Reportagen aus Kirche und Gesellschaft, mit Beiträgen rund um gutes Leben und Spiritualität. Mit Mutmachern, Erfolgsgeschichten, Denkanstößen und klaren Meinungen. Mit einem neugierigen, weltoffenen, konstruktiven und kritischen Blick. Weil wir Christen etwas zu sagen haben. Wohin uns dieser Weg führt? Wir werden es erst wissen, wenn wir ihn gehen, denn nur dann entsteht er. Mitpilger herzlich willkommen!
Auf Wunsch stellen wir diesen Text auch zur Veröffentlichung im Pfarrbrief oder auf der Internetseite Ihrer Pfarrei zur Verfügung. Bei Interesse kontaktieren Sie uns unter Telefon 089/23225-253.