Kultur und Wissen
25.02.2025

Nationalsozialismus

Vor 100 Jahren: NSDAP neu gegründet

Nach kurzer Haft in Landsberg kehrte Hitler 1925 auf die politische Bühne zurück, die Nazi-Partei wurde wiedergegründet. Die Ereignisse von damals sind ein wenig Nachhilfe für Alice Weidel und andere, die sich im Dunkel der deutschen Geschichte verlieren: Adolf Hitler war vieles, aber kein Kommunist. Und sein Aufstieg war auch deswegen möglich, weil Demokraten ihn gewähren ließen.

Hitler bei einer NSDAP-Veranstaltung 1925 Hitler bei einer NSDAP-Veranstaltung 1925 Foto: © imago images/United Archives International

Es gibt ein Foto von jenem Abend vor 100 Jahren. Darauf zu sehen ist der Eingang des Bürgerbräukellers an der Rosenheimer Straße in München. Vor der beliebten Gaststätte drängen sich am 27. Februar 1925 die Menschen. Plakate hatten es in der ganzen Stadt angekündigt. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei lud anlässlich ihrer Wiedergründung zur ersten „Massenversammlung“. Sprechen werde Parteigenosse Adolf Hitler über „Deutschlands Zukunft und unsere Bewegung“. Unten links der Hinweis: „Juden haben keinen Zutritt.“ 

Über 3.000 Männer und Frauen, die teilweise seit dem Nachmittag warteten, ließ die Polizei in das Lokal, weitere 2.000 fanden keinen Einlass mehr. Ein Anzeichen dafür, welche Zugkraft Hitler besaß – auch wenn er in den Monaten zuvor keine großen öffentliche Auftritte mehr absolviert hatte. Der letzte datierte vom 8. November 1923 und fand ebenfalls im Bürgerbräukeller statt. Dort hatte der „Führer“ der NSDAP im wahrsten Sinne des Wortes den Startschuss für eine nationale Revolution und ein Ende der verhassten Weimarer Republik geben wollen. 


Anzeige

Im Bürgerbräukeller wird geschossen 

Mit einem Pistolenschuss in die Decke des Saales und martialischem Auftreten hatte Hitler versucht, seinem Ansinnen bei konservativen Kräften Nachdruck zu verleihen, wie der Historiker Hans-Ulrich Thamer schreibt. Ein in diesem Moment ebenso aussichtsloses Unterfangen „wie die von trotziger Verzweiflung bestimmte Entscheidung zum Marsch von mehr als 2.000 Anhängern in das Münchner Regierungsviertel, der am folgenden Mittag bereits von einer Postenkette vor der Feldherrnhalle gestoppt wurde“. 

Nach dieser Aktion standen Hitler und seine NSDAP vor dem Aus. Die Partei wurde am 23. November 1923 verboten und Hitler kurz darauf zu einer fünfjährigen Festungshaft in Landsberg am Lech verurteilt, die er am 1. April 1924 antrat. Eine äußerst milde Strafe, die noch einmal durch die Tatsache abgeschwächt wurde, dass er das Gefängnis am 20. Dezember 1924 schon wieder verlassen durfte. 

In dieser kurzen Zeit empfing Hitler 330 Besucher, darunter frühe Förderer wie das Klavierfabrikantenehepaar Edwin und Helene Bechstein, aber auch Weggefährten wie Max Amman, der später das schwächelnde Propagandablatt „Völkischer Beobachter“ auf Kurs bringen sollte, oder General Erich Ludendorff, eine Integrationsfigur der völkischen Bewegung, aus der auch die NSDAP entstammte. Daneben verfasste der umtriebige Häftling den ersten Band seiner Programmschrift „Mein Kampf“. 

Ein Messias verkündet Hassbotschaften 

Der Sound der mehr als 400 Seiten zieht sich auch durch die Botschaften, die Hitler im Umfeld der Wiedergründung der NSDAP Ende Februar 1925 verbreitete. „Die gesamte Kraft der Bewegung ist auf den furchtbarsten Feind des deutschen Volkes anzusetzen: Judentum und Marxismus sowie die damit verbundenen oder diese unterstützenden Parteien, Zentrum und Demokratie“, hieß es da. Das „Siegeszeichen unseres Hakenkreuzes“ solle zum „Siegesbanner der größten Hoffnung“ für das Vaterland werden, „so wie einst das das Kreuzeszeichen des Herrn zum Symbol unseres Glaubens wurde“, verkündete der Messias der NSDAP, der von seinen Anhängern bedingungslose Gefolgschaft erwartete. 

Die Volksseele im Bürgerbräukeller kochte. Enthusiastischer Applaus und „Heil“-Rufe unterbrachen immer wieder Hitlers Rede. An deren Ende eilten die lokalen Nazigrößen auf das Podium, um Hitler ihrer Loyalität zu versichern. Getreu seiner Parole „Jede Zersplitterung im Kampfe ist zu vermeiden“, feilte der „Führer“ am eigenen Image und dem Aufstieg der NSDAP. München wurde zur „Hauptstadt der Bewegung“, ab Mai 1930 war das „Braune Haus“ in der Brienner Straße 45 Zentrale der Partei.

[inne]halten - das Magazin 6/2025

Innehalten Cover 6-2025 Innehalten Cover 6-2025

Fastenzeit

Normalerweise verzichten wir in der Fastenzeit auf etwas. Wie wäre es, in diesem Jahr mal das Gegenteil zu tun - und besonders verschwenderisch zu sein? Zu verschwenden gäbe es viel: Zeit und Geld, Freude und Liebe, Kraft und Hoffnung. Ideen wie so etwas aussehen könnte, finden Sie in der aktuellen Ausgabe!

Lesen Sie im [inne]halten-Magazin unseren Themenschwerpunkt und weitere Geschichten und Berichte aus dem kirchlichen Leben.

„Hitler war Anti-Marxist und Anti-Kommunist“ 

Die beiden ersten Buchstaben im Parteikürzel, das „N“ und das „S“ hätten Hitler und die Nationalsozialisten immer zusammengedacht, betont der stellvertretende Direktor des renommierten Instituts für Zeitgeschichte in München, Magnus Brechtken. In der kruden Vorstellungswelt Hitlers bestand Geschichte demnach aus einer Abfolge von Rassenkämpfen. Hinter dem Marxismus, dem Kommunismus und dem sogenannten Finanzkapitalismus „sahen Hitler und die Nationalsozialisten ,die Juden‘ als lenkende globale Kraft“, die das Rassenbewusstsein der „arisch-deutschen Rasse“ zu zerstören versuchten, erläutert Brechtken. 

„Hitler war Anti-Marxist und Anti-Kommunist.“ Wer wie unlängst AfD-Chefin Alice Weidel im Gespräch mit US-Unternehmer Elon Musk Hitler als Kommunisten bezeichne, „weiß entweder nicht, wovon er redet, oder verwischt die Begriffe zur Bedeutungslosigkeit“, bilanziert der Historiker. An der Stelle der NSDAP-Parteizentrale in München steht heute das NS-Dokumentationszentrum. Derzeit ist es wegen Umbaus geschlossen. Ab 8. Mai können sich Besucher dort wieder über die Geschichte des Nationalsozialismus informieren.

Von Joachim Heinz (KNA)

KNA
Artikel von KNA
Katholische Nachrichten-Agentur
Die Katholische Nachrichten-Agentur wird von der kath. Kirche getragen mit Sitz in Bonn.