Friedenstüchtig werden
Während zahlreiche Expertinnen und Experten immer weiter über Kriegsaussichten und notwendige Waffen für die Ukraine debattieren, macht sich Heribert Prantl in seinem neuen Buch stark für die Suche nach Frieden.

Der Autor und Kolumnist Heribert Prantl versteht seinen Beitrag als Versuch, einen Gegenpol ins Spiel zu bringen zur gegenwärtigen Debatte, die sich zumeist um die Erfolgsaussichten der Ukraine im Krieg dreht und die dafür nötigen Waffenlieferungen. Es komme ihm so vor, als würden manche Experten den Krieg betrachten, als handle es sich um ein Computerspiel und nicht um einen mörderischen Konflikt. Ihm sei daran gelegen, eine Perspektive zu finden, wie die Gesellschaft besser gegen Gewalt und Hass angehen könne, betont er.
In der Ukraine stehe viel auf dem Spiel, weiß Prantl, doch auch bei uns gehe es um die Substanz der Gesellschaft. Die Gefahr einer Eskalation sei groß, auch in dem Konflikt im Nahen Osten, warnt er. Mit seinem Eintreten für die Suche nach Frieden, will er sich nicht als „Putin-Freund“ missverstanden wissen, stellt der streitbare Autor klar: „Putin ist ein Verbrecher. Aber ich bin der Meinung und der Gewissheit, dass wir nicht kriegstüchtig, sondern friedenstüchtig sein müssen.“ Daher sei er dem Papst unendlich dankbar, dass dieser bei allen Anfeindungen, die er erfahren habe, den Frieden immer wieder in den Mittelpunkt seiner Botschaften rücke.
Friedensauftrag im Grundgesetz
Der deutschen Gesellschaft dagegen attestiert Prantl, dass sie eine Aufforderung des Grundgesetzes zu wenig ernst nehme. Der Jurist, frühere Richter und Staatsanwalt, liest dort in der Präambel einen klaren Auftrag: „Das Grundgesetz gibt uns auf, dem Frieden in der Welt zu dienen - in der aktuellen Politik spielt das keine Rolle“. Das Verteufeln von Abrüstung und den Versuchen, Frieden einzufädeln, wie wir es derzeit häufig erleben, hält er für „grundfalsch“. Prantl widerspricht der alten Lehre, dass, wer den Frieden will, den Krieg vorbereiten muss: “Ich glaube es ist anders: Wer den Frieden will muss den Frieden vorbereiten“. Dazu setzt er unter anderem auf mehr Friedenserziehung.
Hoffnung auf Friedensdynamik
Dem Argument, es gebe ja keine realistische Perspektive für Verhandlungen, hält der Autor entgegen, dass nicht nur der Krieg eine eigene Dynamik entfalte, sondern auch Gespräche und die Suche nach Frieden eine Situation in Bewegung setzen können. Das sieht er als hoffnungsvollen Ansatz, der nicht unversucht bleiben dürfe, denn: „Man kann keinen Frieden herbeibomben“.
Als Pazifist im klassischen Sinn versteht er sich nicht: „Für mich ist Pazifismus die intensive Suche nach Frieden und Abrüstung“. Den Pazifismus hält Prantl für wichtig, um den Bellizismus, das Denken in Kriegslogik im Zaum zu halten.
Religion als Lehrmeisterin für den Frieden
Bei seiner Suche nach Antworten über die Entstehung und Bekämpfung von Gewalt beschäftigte sich Heribert Prantl als bekennender Katholik auch mit der Bibel. In der Geschichte des Christentums fände sich beides: ein großes Gewaltpotential, aber auch ein Friedenspotential. Letzteres gelte es zu realisieren: „Ich bin der Meinung, Religion kann und muss eine Lehrmeisterin sein für den Frieden“. Einen Frieden zu stiften, wie ihn die Bergpredigt verheißt, das sei die Utopie, die es zu verfolgen gelte, davon ist Prantl überzeugt. Und das sei nicht möglich ohne Glaube: „Man braucht den Glauben daran, dass die Utopie möglich ist, dass Frieden stiften möglich ist“.