Mehr Anerkennung für Soldaten
Der 15. Juni soll in Zukunft eine besondere Bedeutung bekommen: Ab 2025 wird der Tag den deutschen Militärangehörigen gewidmet, die einen wichtigen Dienst tun und dafür oftmals hohe Einbußen und Folgeschäden hinnehmen müssen.

Ende April hat der Bundestag mit großer Mehrheit den deutschen Veteranentag beschlossen. „Ein gutes Gefühl“, sagt Michael Bartscher, der bei der Abstimmung mit dabei war. „Danach haben die Bundestagsabgeordneten sich uns auf der Tribüne zugewandt und applaudiert“. Bartscher war 45 Jahre lang Soldat. Als Brigadegeneral war er unter anderem in Afghanistan eingesetzt. 2014 wurde er in Kabul bei einem Anschlag schwer verwundet. Ein Risiko, das jeder Soldat in Kauf nimmt, egal ob ein Einsatz vier Wochen oder wie in seinem Fall rund zwei Jahre dauert.
Dafür, dass dieser Dienst gesellschaftlich mehr anerkannt wird, hat Bartscher sich seit Jahren mit dem „Bund Deutscher Einsatzveteranen“ eingesetzt. Der Verein vertritt Soldaten, die im aktiven Dienst waren. Rund 400.000 sogenannte „Einsatzveteranen“ gab es seit Gründung der Bundeswehr 1955. Die Definition des Verteidigungsministeriums seit 2018 ist deutlich weiter und umfasst alle Personen, die jemals bei der Bundeswehr waren oder es noch sind. Unabhängig davon, ob als Wehrpflichtiger oder Berufssoldat mit Auslandseinsatz.
Soldatenberuf hat große Auswirkungen auf das Privatleben
Wo die Bundeswehr tätig ist, entscheidet der Bundestag. Aktuell beteiligt sie sich mit rund 2.200 Soldaten an 18 Einsätzen in Europa, Afrika und Asien. Die Streitkräfte stabilisieren dabei Krisenherde, schützen die Schifffahrt und tragen zur Bündnisverteidigung der NATO bei. Alles im Interesse und Auftrag der Bundesbürger, betont Jürgen Eckert, Militärpfarrer in München. „Und weil das nicht umsonst zu haben ist, braucht es Menschen, die sich für Freiheit und die Sicherheit einsetzen“.
Als Bundeswehrpfarrer berät Eckert Militärangehörige in ethischen Fragen und begleitet Soldaten und ihre Familien seelsorglich. Dazu hat er auch diverse Auslandseinsätze im Mittelmeer und am Horn von Afrika begleitet. Eckert weiß: Wer bei der Bundeswehr arbeitet, zahlt dafür einen hohen Preis. Eingeschränkte Persönlichkeitsrechte, lange Trennungen von der Familie, eine hohe Scheidungsrate und nicht zuletzt ein erhebliches Risiko für Leib und Leben.
Anerkennung statt Anfeindung
Der Wunsch nach Anerkennung durch die Mitbürger, wie sie in vielen anderen Ländern ganz normal ist, sei da nur verständlich, so Eckert. Wer einen Dienst für die Gesellschaft leistet, soll auch wahrgenommen werden. „Soldaten berichten mir aber davon, dass sie öffentlich angegriffen werden – verbal und körperlich“. Dass sich das ändern soll, findet der Pfarrer nachvollziehbar.
Anders als solche Erzählungen vermuten lassen, stehen 86 Prozent der Bürger der Bundeswehr positiv gegenüber. Der Veteranentag könnte dafür sorgen, dass die Wertschätzung für Militärangehörige auch spürbar wird, hofft Eckert: „Es ist ein Unterschied, ob man sich für die Uniform rechtfertigen muss oder ob die Gesellschaft den Dienst aktiv in Form von Aufmerksamkeit anerkennt“.
Bessere Versorgung für 80.000 Einsatzgeschädigte
Gemeinsam mit dem Veteranentag hat der Bundestag darüber hinaus die bessere Versorgung von Soldaten mit Einsatzschädigung beschlossen. Rund 20 Prozent der Einsatzsoldaten sind davon betroffen, schätzt Bartscher, insgesamt etwa 80.000. Darunter fallen nicht nur körperliche Verletzungen, wie der Brigadegeneral a. D. sie erlitten hat, sondern auch seelische Verwundungen.
Wie auch sie zu Verlusten bei den Streitkräften führen können, zeigt der Fall der jungen Soldatin Corinna Dittrich, die sich 2002 während des Friedenseinsatzes in Sarajevo das Leben nahm. Häufig zeigen sich psychische Schäden aber erst lange nach den Einsätzen, sagt Bartscher: „Viele Menschen stellen erst Jahre nach ihrem Ausscheiden aus der Bundeswehr fest, das etwas nicht stimmt“.
Offizieller Veteranentag erst 2025
Der Veteranentag soll auch auf die Auswirkungen aufmerksam machen, die die Zugehörigkeit zur Bundeswehr mit sich bringen kann. Es gehe nicht um eine Bevorzugung innerhalb der Gesellschaft, nicht um patriotische Glorifizierung, sondern um ein Mindestmaß an Anerkennung, wie sie zum Beispiel auch Feuerwehr und Polizei bekommen, fordert Bartscher: „Es sind alles Menschen, die sich für die Bundesrepublik und die deutsche Gesellschaft einsetzen – wir machen das halt im Ausland“.
Offiziell wird es den Deutschen Veteranentag erst ab 2025 geben, sechs Jahre nachdem am 15. Juni 2019 erstmals das Veteranenabzeichen für Bundeswehrsoldaten verliehen wurde. Aber auch dieses Jahr gibt es mit Beteiligung des „Bundes Deutsche Einsatzveteranen“ schon eine Feierstunde im Deutschen Bundestag.
Ab Minute 00:15 kommt der Beitrag "Veteranentag", alternativ: Klick auf die entsprechende Kapitelmarke der Episode vom 14. Juni 2024: