Highway to Heaven: Wie Popmusik die spirituelle Suche inspiriert
In seinem neuen Buch „Highway to Heaven“ erklärt Uwe Birnstein, wie Songs von AC/DC bis Taylor Swift spirituelle Themen aufgreifen. Im Interview zum Buch verrät der Theologe seinen spirituellen Lieblingshit, der ihn seit seiner Jugendzeit fasziniert.
Die Verbindung von Musik und Spiritualität hat es Ihnen angetan. Wie kam es dazu?
Als Jugendlicher habe ich nicht nur Kirchenmusik gehört. Ich war zwar auch im Kirchenchor, aber zu Hause hörte ich die Songs aus meinem Transistorradio, und viele hatten komischerweise eine spirituelle Ebene. Und weil der Glaube mich tatsächlich seit Jugendzeiten schon interessiert, habe ich das immer zusammengesehen. Ich habe da gar keinen Gegensatz zwischen kirchlicher Musik und Popmusik gesehen, sondern ich habe immer danach gesucht, wo spirituelle oder Glaubensthemen in Popsongs stattfinden. Jetzt bin ich älter und bin immer noch auf der Suche, auch in der aktuellen Popmusik. Und ich bin schier erstaunt darüber und singe oft lauthals mit.
Was ist die Intention Ihres neuen Buches „Highway to Heaven“?
Mein Co-Autor Volker Eichener und ich sind ein Jahrgang. Wir haben in den siebziger Jahren unsere musikalische Sozialisation erlebt mit „Stairway to Heaven“ von Led Zeppelin oder „Sympathy for the Devil“ von den Rolling Stones. Und wir haben uns gedacht, es sei wichtig, den Menschen die spirituelle Dimension in diesen Songs zu erklären. Denn viele spüren ja, da ist irgendetwas darin enthalten, können das aber nicht richtig benennen. Das versuchen wir zu leisten in diesem Buch und haben 22 Songs vorgestellt.
Welche Rolle spielt denn Ihrer Meinung nach Religion in populären Hits?
Religion spielt in Hits eine viel größere Rolle, als die meisten Menschen denken. Also die Frage nach dem Sinn des Lebens, die Frage nach dem, was nach dem irdischen Leben kommt, die Frage, warum sind wir eigentlich hier, die bewegt ja alle Menschen. Und die Kirchen geben darauf ihre Antworten, die aber nicht alle Menschen erreichen. Die Popmusik gibt auch Antworten. Oft sind die ziemlich hanebüchen, muss man sagen. Aber meistens, haben wir festgestellt, sind das sehr ehrliche Fragen und vielleicht auch manchmal mit Antworten, die man nicht erwartet, die aber immer inspirieren und einem zum Nachdenken bringen.
Warum nutzen Künstler Gott überhaupt als Thema?
Einige machen es aus kommerziellen Interessen. Aber die schauen wir in diesem Buch nicht an und ich hoffe, dass wir da niemandem auf den Leim gegangen sind. Ich denke, Gott ist bei allen Menschen, die versuchen nach bestimmten Werten zu leben, ein Thema. Und deswegen bauen das die Leute auch in ihre Lieder ein. Das gehört dazu. Das sind bemerkenswert ehrliche und authentische Antworten auf die Frage nach Gott. Und das wünsche ich mir in den Kirchen auch, dass wir alle in uns hineinschauen und fragen: Was glaube ich denn eigentlich wirklich? Und das dann trennen von dem, was wir im Glaubensbekenntnis in Gemeinschaft beten, und es zudem auch vergleichen mit dem, was wir eigentlich im Herzen fühlen.
Für wen ist das Buch in erster Linie gedacht?
Das Buch ist gedacht für alle, die Pop- und Rockmusik hören und irgendwie spüren, da ist mehr, als ich eigentlich verstehe. Denn viele können einfach nicht so gut Englisch, dass sie sofort jeden Song verstehen. Wir schauen die Texte und Melodien an, weil erst das Miteinander von Text und Melodie die endgültige Botschaft ergibt, einen Song kann man nur im Gesamten verstehen. Da bieten wir hoffentlich erschöpfende Antworten, worum es in diesen Songs geht, und warum es sich lohnt, die noch einmal bewusster zu hören. Aber man kann und sollte trotzdem nach diesen Songs auch, wenn es denn geht, tanzen und feiern, und sollte sie nicht zu ernst nehmen.
Haben Sie in Ihrem Buch einen Lieblingssong?
Ja. Das ist „Suzanne“ von Leonard Cohen. Der war so etwas wie meine Initialzündung. Ich war 16, hörte diesen Song zum ersten Mal, und das hat mich geflasht.
Warum?
Weil es da darin um das Verliebtsein geht. Leonard Cohen war verliebt in eine Suzanne, und das hat ihn so beflügelt, dass er eine Strophe über Jesus einfügt. „Jesus was a sailor“, singt Cohen. Und dieser Jesus, denkt er sich, der sitzt auf einem hölzernen Turm und hält Ausschau nach Ertrinkenden und rettet sie. Also Liebe und Glaube zusammenzubringen, das ist Leonard Cohen sehr gut gelungen. Und deswegen höre ich diesen Song gerne und spiele ihn sogar auch auf der Gitarre.