Was im Leben wichtig ist: Natur und Schöpfung

Achtsamkeit
22.04.2024


Alltagsspiritualität

Was im Leben wichtig ist: Natur und Schöpfung

Pierre Stutz, Bestsellerautor und spiritueller Lehrer, antwortet auf spirituelle Fragen von Michelle Mink. Dieses Interview basiert auf der dritten Folge des Video-Podcasts „Was im Leben wichtig ist“.

Foto: © SMB

Michelle Mink: Für mich ist der Wald ein ganz wichtiger Rückzugsort – die Pflanzen, der Abstand zur „Zivilisation“, auch die ganzen Insekten und Tiere, die da ihr eigenes Leben haben. Ich komme aber leider aus einer Region, in der der Borkenkäfer wirklich ganze Wälder zerstört hat. Der Wald direkt vor unserem Haus ist nur noch ein braunes Feld mit schwarzen Holzstangen. Mir tut das unglaublich weh, da ist auch eine leere und traurige Stelle entstanden. Du kommst zwar aus der schönen Schweiz, lieber Pierre, aber kennst Du eine solche Verlusterfahrung auch, die Dir einen richtigen Schlag versetzen?

Pierre Stutz: So gravierend, wie Du es schilderst, habe ich das nicht erlebt. Aber ich erinnere mich, wie wichtig die Bäume für mich als kleiner Junge waren und sie sind es bis heute geblieben. Ich nenne sie meine „spirituellen Begleiter“. Und als einer meiner Lieblingsbäume gefällt wurde, da ist es mir so gegangen wie Dir: das war so ein Schlag und ich war tieftraurig.

Michelle Mink: Aber warum tut uns das so weh?

Pierre Stutz: Unsere beiden Erfahrungen zeigen, wie sehr wir Menschen mit der Schöpfung verbunden sind, viel mehr, als wir es oft wahrhaben wollen. Wenn dort etwas stirbt, stirbt auch in uns etwas. Natürlich hat die Natur, der Kosmos auch zerstörerische Kräfte, das heißt sie ist auch in sich zerbrechlich. Aber für unser Leben bleibt doch die Frage, wie gehen wir mit dieser uns umgebenden Natur, mit den Ressourcen um. Darum ist es wichtig, dass wir uns empören und unsere Trauer etwa über den Verlust von Bäumen zulassen.


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Michelle Mink
: Warum spendet uns die Natur überhaupt so etwa wie innere Kraft?

Pierre Stutz: Ich gehe davon aus, dass alles beseelt ist, dass Gott atmet in allem, was lebt, wie Hildegard von Bingen so wunderbar sagt. Schon im elften Jahrhundert! Sie hat die Natur nicht nur auf der Objektebene gesehen, als eine Ware, mit der ich machen kann, was ich will, sondern auf einer Beziehungsebene. Wenn ich mit Bäumen in Kontakt bin, dann spüre ich, dass nicht nur ich die Bäume anschaue, sondern sie schauen mich an und sie sagen mir etwas.

Michelle Mink: Was sagen Dir die Bäume?

Pierre Stutz: Die sagen mir unglaublich viele Lebensweisheiten: Es ist wichtig Wurzeln zu haben. Und je tiefer diese Wurzeln sind, desto tiefer kann ich meine Äste hinauswachsen lassen und ich verliere die Angst vor dem Fremden. Spiritualität möchte immer Mut machen zu beidem und kann das in der Natur erkennen. Hildegard von Bingen wäre empört, wie wenig wir auf die Schöpfung hören. Und es ist gut, dass Deine Generation diesen Verlust spürt und etwas dagegen tun will!

(Redaktion: Alois Bierl)