Persönlichkeitsentwicklung
25.10.2025

Der Glasmacher-Streik: Mut, der die Arbeitswelt veränderte

Der Glasmacherstreik von 1901 war ein Scheitern – und doch ein Anfang. Wer damals alles riskierte, kämpfte für Gerechtigkeit, nicht für sich selbst. Heute erinnert diese Geschichte Angela Krumpen daran, dass Wandel selten sanft beginnt – aber immer mit Mut.
    

„Tage aus Glas“ heißt der erste Roman von Dorothee Krings, politischer Journalistin und Autorin. Atemlos habe ich ihn gelesen, er erzählt die Geschichte des Glasmacherstreiks von 1901, der das ganze Deutsche Reich erschütterte. Krings verwebt historischen Stoff mit lebensklugen Geschichten.

Die Streikenden riskierten alles: ihre Arbeit, ihre Werkswohnungen, ihre Krankenversicherung, ihre Existenz. Und am Ende? Scheiterten sie grandios.

Ferne Zeit ganz nah

Ich lese diese Geschichte und staune. Staune darüber, wie sehr sich die Arbeitswelt in nur einem Jahrhundert verändert hat – und wie wenig wir heute manchmal von diesem Mut wissen. Damals ging es um Leben und Tod: um ätzende Dämpfe, um giftigen Staub, um extreme Hitze an den Öfen. Heute streiten wir über Homeoffice-Regelungen und die Vier-Tage-Woche.

Noch mehr aber staune ich über die Haltung der Glasmacher: Sie setzten alles aufs Spiel – nicht für sich selbst, sondern für andere. Für eine Idee. Für Gerechtigkeit. Und genau das macht ihren Kampf so zeitlos.
    

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Kipppunkte der Geschichte

Solche Momente gab und gibt es immer wieder: Wenn Menschen ihr eigenes Wohl hintanstellen, um etwas Größeres zu bewegen. Die Frauenbewegung. Die Bürgerrechtskämpfer in den USA. Oft passiert dann lange nichts. Und plötzlich dann doch. Wie bei Rosa Parks, die sich weigerte aufzustehen. Sozialwissenschaftler nennen das „Kipppunkte“ – Momente, in denen sich Gesellschaften plötzlich verändern.

Die Glasmacher von 1901 verloren ihren Streik. Viele von ihnen landeten im Elend, verloren ihre Wohnungen und ihre Anstellungen. Und doch: Langfristig halfen sie mit, eine Welt zu schaffen, in der Arbeiterrechte selbstverständlich sind. Ihr Mut war kein Einzelkampf, sondern ein Funke.


[inne]halten - das Magazin 23/2025

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Ein christlicher, ein jüdischer und ein muslimischer Theologe im Gespräch

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Wo beginnt ein gutes Leben?

Heute zweifeln viele daran, dass ihr Handeln etwas bewirkt. Sie fühlen sich ohnmächtig und ziehen sich ins Private zurück – und das gerade jetzt, in einer Zeit voller Krisen, in der wir diesen Mut besonders bräuchten.

Nun schreibe ich das alles in einer Kolumne über das gute Leben. Aber vielleicht beginnt das gute Leben genau dort, wo wir etwas wagen, weil es richtig ist – nicht, weil wir davon profitieren.

Was wäre, wenn wir von den Glasmachern lernen? Wenn wir darauf vertrauen, dass unser Beitrag – auch wenn er unsichtbar scheint – irgendwann den Unterschied macht?

Angela Krumpen
Artikel von Angela Krumpen
Journalistin, Moderatorin und Autorin
Überrascht (und ein bisschen stolz) war sie, als sie mal als „Aktivistin für ein gutes Leben“ angekündigt wurde. Passt aber, denn das Motto ihrer Arbeit ist: „Ein gutes Leben für alle“. Mehr unter: www.angela-krumpen.de