Work-Life-Balance
Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz: Wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden unterstützen
Immer mehr Unternehmen setzen auf präventive Maßnahmen wie Mentale Ersthelfer, um Stress und Burnout frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen.

Fast 250 Gespräche wurden im vergangenen Jahr über das Mobbingtelefon Mannheim geführt. Manchmal geht es um kleinere Reibereien zwischen Kollegen, manchmal geht es aber um mehr: Mitarbeiter fühlen sich nicht fair behandelt, ausgegrenzt oder gar gemobbt. Andere haben Angst um ihren Job oder dass sie den Anforderungen in ihrem Beruf nicht mehr gewachsen sind.
Die Telefonate sind zunächst anonym, manche Dinge lassen sich allerdings nicht in einem einzigen Gespräch klären. Wer will, kann sich im Anschluss persönlich beraten lassen. „Es ist auffällig, wie intensiv Menschen das existenziell angreift, wenn die Arbeitssituation mit Konflikten belastet ist", sagt Maximilian Heßlein, evangelischer Pfarrer vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) in Mannheim. Doch wer Vollzeit arbeitet, verbringt mehr als die Hälfte seiner wachen Zeit mit der Arbeit: „Wenn das belastet ist, dann ist das ganze Leben belastet."
Das Mobbingtelefon Mannheim gibt es seit mehr als 25 Jahren. Es gehört zur Konflikthotline Baden-Württemberg und wird betrieben vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt sowie den Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes, etwa der IG Metall oder Verdi. Die Menschen, die dort anrufen, wollen nicht kündigen. „Die meisten wollen an ihrer Arbeitsstelle bleiben, aber die Bedingungen verbessern, damit das auch möglich ist", weiß Heßlein.
Spielerisch zu mehr Wohlbefinden
Die Gesundheit der Beschäftigten in Arbeitsprozessen und Unternehmenskultur fest zu verankern, ist gleichwohl eine große Herausforderung. Zum einen, weil gerade in Klein- und Kleinstbetrieben neben dem Kerngeschäft oft wenig bis gar keine Zeit bleibt, um sich um Gesundheitsfragen zu kümmern. Zum anderen, weil die Angebote immer wieder an den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbeigehen. So nützen Yogakurse und Rückenschulungen nur denjenigen, die sie besuchen – und das sind im Zweifel diejenigen, die ohnehin schon etwas für ihre Entspannung und ihren Rücken tun. „Wenn kein klares Gesundheitsverständnis herrscht, bringen die besten Kurse, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitenden anbietet, nichts", betont Patrick Hüter.
Der gelernte Krankenpfleger und studierte Berufsschullehrer mit einem Master in Gesundheitswissenschaften hat mit seinem in Mannheim gegründeten Startup „Expedition gesundes Unternehmen" Boxen entwickelt, die auf die individuellen Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten sind und das Thema Gesundheit auf spielerische Art auf die Tische der Arbeitnehmer bringen. Nach dem Motto: „Unbox your health".
Psychische Gesundheit enttabuisieren
Wie Umfragen immer wieder zeigen, ist das Bewusstsein in der Bevölkerung über gesundheitsförderndes Verhalten hoch. Täglich Obst und nicht täglich Fleisch essen, körperlich aktiv sein, aufs Gewicht achten, sich beim Konsum alkoholischer Getränke zurückhalten und nicht rauchen: Das Robert Koch-Institut listet in seinem bundesweiten Gesundheitsmonitoring fünf gesundheitsfördernde Verhaltensweisen auf und kommt zu dem Ergebnis, dass diese zwar mehr oder weniger alle kennen – aber nur ganz wenige alle erfüllen.
Bei physischen Erkrankungen kommt erschwerend hinzu, dass sie immer noch ein Tabuthema sind. Aus Angst vor Stigmatisierung schweigen Betroffene. Dabei gebe es statistisch gesehen in nahezu jedem Unternehmen depressiv erkrankte Mitarbeiter, betont die Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Doch wie erkennt man ihre Not, wie deutet man Symptome richtig? Viele Arbeitgeber wollten durchaus helfen, ihnen fehle aber das nötige Basiswissen, wie das vom Bundesarbeitsministerium geförderte Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt" feststellt. Meister des Rokoko Jubiläum für die Münchner Theatinerkirche St. Kajetan: Im Jahr 1675 wurde der berühmte Barockbau geweiht. Das 350-jährige Jubiläum wird am 13. Juli gefeiert. Lesen Sie im [inne]halten-Magazin unseren Themenschwerpunkt und weitere Geschichten und Berichte aus dem kirchlichen Leben.[inne]halten - das Magazin 14/2025
Mentale Ersthelfer: Hilfe am Arbeitsplatz
Hier setzen die Mentalen Ersthelfer an. Die Idee stammt aus Australien und orientiert sich am Konzept des Erste-Hilfe-Kurses für die körperliche Notfallversorgung. Erste-Hilfe-Kurse sind weit verbreitet, in vielen Berufen Pflicht. Doch manchmal braucht eben nicht der Körper, sondern die Seele Hilfe.
Die Kurse richten sich an Privatpersonen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen und sollen den Blick für psychische Erkrankungen, die sich im besten Fall noch im Anfangsstadium befinden, schärfen. Über das Programm „MHFA Ersthelfer", das Ende 2019 am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim mit Unterstützung der Dietmar Hopp Stiftung ins Leben gerufen wurde, haben sich inzwischen 34.000 Menschen als Mentale Ersthelfer fortgebildet.
Das Pharma- und Diagnostikunternehmen Roche ist eines von 150 Unternehmen, das seinen Mitarbeitenden solche Kurse anbietet. „Das Besondere an den Mentalen Ersthelferinnen und Ersthelfern ist, dass es sich um ein niederschwelliges kollegiales Angebot handelt", erklärt Marie-Luise Stallecker, verantwortlich für das Gesundheitsmanagement bei Roche in Mannheim. Der Mentale Ersthelfer ist kein Profi und kann auch keinen Therapeuten ersetzen. Er kann aber als erste Ansprechperson fungieren, wenn es einem Kollegen oder einer Kollegin nicht gut geht.
Oder umgekehrt: Die Kurse sind darauf angelegt, die Teilnehmenden dafür zu sensibilisieren, wann jemand psychisch aus dem Gleichgewicht geraten ist und gegebenenfalls Hilfe benötigt. „Dabei fallen wir nicht mit der Tür ins Haus, sondern hören erst einmal zu", erklärt Mathias Meyer, der bei Roche als Betriebsassistent für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz arbeitet. Jemandem ein offenes Ohr zu schenken und unvoreingenommen zuzuhören, sei schon der erste Schritt.