So läuft ein Konklave wirklich ab
Geheime Wahl, geheime Schrift und Störsender: Der Kinofilm „Konklave“ hat einen Oscar gewonnen. Er zeigt, wie eine Papstwahl abläuft – aber orientiert sich dabei nicht immer an der Realität.

Der Spielfilm „Konklave“ hat einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch erhalten. Wer wissen will, was im Fall der Fälle hinter verschlossenen Türen passiert, kann eine Menge aus dem Film von Edward Berger erfahren. Dieser stellt die Vorgänge im Vatikan ziemlich realitätsnah dar, zumindest in weiten Teilen. Weil seit Wochen der echte Papst in einer römischen Klinik liegt und viele Menschen über Rücktritt, Tod und mögliche Nachfolger spekulieren, ist das Interesse an dem Film gestiegen.
Schon die Wahlvorbereitungen im Film orientieren sich präzise an der Realität. Die Szene, in der es um Störsender geht, mag manchem übertrieben erscheinen – und doch sehen die Vorschriften genau das vor. Seit 1996 heißt es dort: „Ganz besonders werden sie auch unter Zuhilfenahme der Erfahrung zweier vertrauenswürdiger Techniker darauf achten, daß die Geheimhaltung in den genannten Räumen, insbesondere in der Sixtinischen Kapelle, in der die Wahlhandlungen stattfinden, gesichert ist, indem sie sich vergewissern, daß kein Aufnahme- oder audiovisuelles Sendegerät von wem auch immer in die genannten Räume eingeführt wird.“
Handyverbot für Kardinäle?
Während die Hollywood-Kardinäle aber durch Sicherheitskontrollen gehen und Handys und Computer abgeben müssen, schreiben die echten Regeln lediglich die „Enthaltung“ jeglicher Kommunikation vor. Zur Verschärfung verbot Johannes Paul II. allerdings „unter allen Umständen“, dass technische Geräte, die zur „Aufnahme, Wiedergabe oder Übermittlung von Ton, Bild oder Schrift dienen“, in die Sixtinische Kapelle gebracht werden.
Während im Kino-Film der Vorsitzende des Kardinalskollegiums immer wieder Kontakt zur Außenwelt aufnimmt, ist das beim echten Konklave strengstens verboten. Allein durch die Gespräche mit seinem Sekretär übertritt Film-Kardinal Lawrence schon die Regeln, denn: Jedem, der „zufällig einem der wahlberechtigten Kardinäle“ begegnet, ist es „absolut verboten [...] unter welcher Form, mit welchem Mittel oder aus welchem Grund auch immer“ mit ihm ins Gespräch zu kommen.
Geheime Kardinäle könnten bekannt werden
Auch sonst agiert Lawrence immer wieder am Rande des Legalen. So trifft er einige Entscheidungen, die eigentlich nur der Papst oder während der Sedisvakanz alle Kardinäle gemeinsam treffen können. Eine dieser Entscheidungen ist die Zulassung eines bisher unbekannten Kardinals zum Konklave – eines Kardinals in pectore („in der Brust, im Herzen“). Er wurde vom früheren Papst zum Kardinal ernannt, seine Ernennung aber aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich gemacht.
Kirchenrechtlich gilt: Geheime Kardinäle haben erst dann die Rechte und Pflichten eines Kardinals, wenn sie zumindest gegenüber dem Kardinalskollegium vom Papst benannt werden. Für jeden „geheimen Kardinal“, den ein Papst nicht zumindest diesem Kreis bekannt gemacht hat, ist nach dem Papsttod auch der Kardinalstitel hinfällig. Eine Ernennungsurkunde, wie sie im Film präsentiert wird, würde da auch nicht helfen.
Auch mit dem tatsächlichen Beginn des Konklaves nehmen es die Filmemacher nicht allzu genau. Einen Tag vor Wahlbeginn sagt Lawrence, er und die anderen Kardinäle würden an diesem Tag ab 18 Uhr eingeschlossen sein. Das entspricht nicht dem Protokoll. Darin ist festgelegt, dass das Konklave erst am Wahltag mit der Messe „Pro eligendo Papa“ (für die Papstwahl) im Petersdom beginnt. Am Nachmittag ziehen die Kardinäle dann in die Sixtinische Kapelle ein, wo sie noch unter den Augen der Öffentlichkeit einzeln einen Eid schwören. Erst dann werden sie eingeschlossen und von der Öffentlichkeit abgeschirmt.
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Verstellte Schrift und zwei Öfen
Der im Film dargestellte Wahlablauf sowie die Bitte, auf dem Wahlzettel die Handschrift zu verstellen, trifft dagegen zu. Nur die Stimmauszählung läuft etwas anders: Während im Film der zweite der drei Auszähl-Kardinäle den Namen des Gewählten vorliest, sehen die Vorgaben vor, dass der erste Wahlhelfer einen Zettel aus der Urne holt, schweigend den Namen liest, ihn dann dem zweiten Kardinal gibt, der ebenfalls still den Namen liest und dann den Zettel an den dritten weitergibt. Erst dieser liest den Namen dann laut vor. Das im Film dargestellte Auffädeln der Stimmzettel entspricht wiederum der gängigen Praxis.
Korrekt fährt der Film fort: Am Ende der Auszählung werden die Stimmen gezählt, kontrolliert und anschließend verbrannt. Früher gab man nasses Stroh oder Teer bei, um den Rauch schwarz zu färben. Heute hilft man sich mit Chemie. Dazu stehen zwei Öfen bereit: In einem werden die Wahlzettel verbrannt und im zweiten zusätzlich die Kartuschen für die Einfärbung. Für weißen Rauch sorgen Kaliumchlorat, Laktose und das Baumharz Kolophonium. Schwarz wird der Rauch mit einer Mischung aus Kaliumperchlorat, Anthracen und Schwefel.
Stimmzettel nach bestimmtem Schema verbrannt
Anders als im Film werden die Öfen aber seltener angefeuert. Im Kino verbrennt ein Assistent die Stimmzettel zwischen dem zweiten und dritten Wahlgang am Morgen des zweiten Tages. Das ist jedoch nicht vorgesehen. Stimmzettel werden ab dem zweiten Tag immer erst nach Abschluss von je zwei Wahlgängen verbrannt, sofern der erste der beiden nicht zu einem neuen Papst geführt hat.
Insgesamt zeigen die Filmemacher eine große Liebe zum Detail und Sachverstand. Wie die Wahl eines neuen Papstes aber tatsächlich abgelaufen ist, wird die Welt wohl nie erfahren – außer, der Neugewählte entscheidet, das Geheimnis darum zu lüften, oder berichtet selbst davon. Das ist – nach seiner Wahl – sein gutes Recht.
Benedikt Heider