55 Jahre Eheglück: Das Geheimnis von Uschi und Alfons aus Dresden
Ein Leben zwischen Eierschecke, Kniffel und täglichem Gebet: Uschi und Alfons Wanzek zeigen, wie Liebe über Jahrzehnte bestehen kann.

Alfons Wanzek sitzt neben seiner Frau Uschi auf der Wohnzimmercouch, teilt Eierschecke aus, eine Dresdner Kuchenspezialität, und beginnt, aus 55 Ehejahren zu erzählen. Seltener kommt auch sie zu Wort. Das verschmitzte Lächeln, mit dem sie ihn zwischendurch anschaut, verrät, dass sie darüber keinesfalls vergrämt ist. „Uschi und Alfons gehen nach all der Zeit noch immer achtsam miteinander um“, erzählt ein Freund der Familie, „beinahe mit der Zärtlichkeit eines frisch verliebten Paares.“ Mit der Autorin dieses Beitrags sind die Wanzeks aus Dresden übrigens nicht verwandt.
Warum Achtsamkeit wichtiger ist als Routine
Ob die beiden ein Rezept haben, das ihre Liebe lebendig hält? Seit sie im Ruhestand sind und die Kinder eigene Wege gehen, nehmen sie sich wieder mehr Zeit für Zweisamkeit. Sie lädt ihn zu Spaziergängen ein. Oft spielen sie Kniffel, Qwirkle oder Rummikub und sind dann ganz bei der Sache. „Wir wollen beide gewinnen, ist doch klar“, sagt Alfons Wanzek mit einem Schmunzeln. Womit sie sich beschäftigen, sei aber gar nicht entscheidend. Wichtiger sei die innere Haltung, bekräftigen beide. Die täglichen Aufgaben nicht einfach abzuarbeiten, sondern alles liebevoll füreinander zu tun, bringe Farbe in ihr Leben.
Eine christliche Ehe führen
Schon als jung Verliebte sahen sie ihre Zukunft nicht allein in glückseliger Zweisamkeit. Ihnen sei klar gewesen, dass ihre Liebe nur bestehen und wachsen könne, wenn sie ihr Herz weiten. Dazu gehörte ihre Bereitschaft, eine Familie zu gründen, aber auch der Vorsatz, ein offenes Ohr zu haben für Nachbarn, Kollegen, Verwandte, für jeden in ihrer Umgebung, der sie braucht. Nicht zuletzt wollten sie sich miteinander in ihrem Glauben verankern. „Eine christliche Ehe zu führen, hieß für uns, Jesus Christus gewissermaßen als Dritten in unseren Bund aufzunehmen“, sagt Alfons Wanzek. Schon zu ihrer Verlobung hätten sie das in einer heiligen Messe feierlich versprochen. Seither haben sie den Eindruck, durch ihr gemeinsames Leben geführt zu werden.
[inne]halten - das Magazin 12/2025

Geist der Freiheit
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Wie Glaube durch schwere Zeiten trägt
Auf Rosen gebettet waren sie dabei nie. Das wird klar, als sie von beengten DDR- Wohnverhältnissen und lebensbedrohlichen Krankheiten berichten und von ihrem schwersten Schicksalsschlag, der sie vor 22
Jahren traf. Das jüngste ihrer sechs Kinder, Barbara, eine Nachzüglerin, starb mit 17 Jahren nach einem Verkehrsunfall. „Oft haben wir gerade im tiefsten Schmerz gespürt, dass Gott uns trägt und inneren Frieden schenkt“, sagt Alfons Wanzek. „Wenn wir uns durchringen, ihm unser Ja zu sagen, haben wir es bisher jedes Mal geschafft, die Kreuze, die er uns zumutet, auch zu tragen“, ergänzt seine Frau. Ihr helfe es, sich an Maria, die Mutter Jesu, zu erinnern. Die habe ja auch nie genau gewusst, was kommt, war Gott gegenüber aber trotzdem großzügig.
Der Dresdnerin tut es gut, in schweren Momenten wie in den Alltagsmühen, etwa während der Pubertät ihrer Söhne, in Gedanken mit Maria zu plaudern: „Du kennst das ja auch alles. Dein Sohn hat dir an den Kopf geworfen, du seist nicht seine Mutter, du solltest den Mund halten ...“ Erst kürzlich hat sich ihr Gottvertrauen wieder einmal bewährt. Sie schob die eigene Hüftoperation trotz Schmerzen ein Jahr lang auf, um ihren Mann bei seiner Chemotherapie nicht alleinzulassen. Wie eine Belohnung empfindet sie, dass sie jetzt wieder schmerzfrei läuft. Die Reha konnten sie zusammen antreten und wurden zu Gesprächspartnern für Mitpatienten, wie für den Mann, dessen Partnerin verstorben war.
Gottes Wirken im Alltag:
Dankbarkeit trotz Schmerz
In der Messfeier, mit der sie seit Jahren jeden Tag beginnen, beten sie nicht nur für die eigene Familie, sondern für alle, die ihnen den Tag über begegnen werden. Abends kommt es ihnen dann oft vor, als habe Gott ihnen Menschen gezielt über den Weg geschickt. Mit ihrem Alter wächst auch die Dankbarkeit für ihr Leben, in dem sie sein Wirken wahr nehmen. Auch ihre Gegensätzlichkeit empfinden sie inzwischen als sein Geschenk. Er, der Redefreudige, Ungeduldige, und sie, bedächtig und begabt im Zuhören, sind dadurch immer neu herausgefordert, über sich hinauszuwachsen. Sogar wenn sie sich an ihre Tochter Barbara erinnern, mischt sich in ihren Schmerz auch Dankbarkeit. Wie reif sie trotz ihrer jungen Jahre bereits war, wurde ihnen erst bewusst, als sie tot war. „Sie wurde uns für 17 Jahre geschenkt“, sagen sie. „Das heute so sehen zu können, ist ein weiteres Geschenk“, fügt Alfons Wanzek hinzu. „Das wünschen wir allen, die Ähnliches erlebt haben, von Herzen.“
Dorothee Wanzek