„Nicht nur rumschreien und meckern“
Bayerische Politiker lesen Kindern in Büchereien vor und werben für Demokratie. Wir haben Klaus Holetschek (CSU) dabei begleitet. Dabei wird deutlich: In den Büchereien geht es um weit mehr als nur ums Bücher-Ausleihen.

Ella geht in zweite Klasse und ist zufrieden mit Klaus Holetschek. „Das hat der gut gemacht, weil Demokratie wichtig ist.“ Der Fraktionsvorsitzende der CSU im Bayerischen Landtag ist früh am Morgen zu einer Premiere in die Anzinger Bücherei gekommen. Die Initiative und die Einladung dazu gehen vom katholischen Büchereifachverband Sankt Michaelsbund aus.
So wie Holetschek werden auch andere Politiker und Politikerinnen aus verschiedenen Parteien in den kommenden Wochen und Monaten vor Schulklassen aus Büchern vorlesen, in denen es um das gute Miteinander in der Gesellschaft geht. Dazu nutzen sie die „Verfassungsviertelstunde“, die vom Klassenzimmer in andere Orte verlegt werden kann, etwa in eine Bücherei. Vor einem Jahr ist sie an Bayerns Schulen eingeführt worden. Die Verfassungsviertelstunde soll Kindern und Jugendlichen den Wert der Demokratie vermitteln, die Kontroversen aushält, ohne dass man den Respekt voreinander verliert.
Vertreter für Meinungen und Probleme
Holetschek hat sich das Bilderbuch „Bestimmer sein. Wie Elvis die Demokratie erfand“ ausgesucht. Darin schlägt das Erdmännchen Elvis den ständig streitenden Tieren vor, dass sie Vertreter für ihre Meinungen und Probleme wählen könnten. Die sollen dann aushandeln, was das Beste für alle ist. Und noch etwas macht das Bilderbuch deutlich: dass nicht nur die großen Tiere Bestimmer sein müssen. Jeder und jede kann mithelfen, damit für die ganze Gemeinschaft etwas Gutes herauskommt.
Auch das hat Ella überzeugt: „Das ist ja blöd, wenn immer nur alle rumschreien und meckern, man muss ja auch eine Lösung finden.“ Und ihr Klassenkamerad Julian, der neben ihr sitzt, findet es gut, „wenn alle wählen können und auch jeder seine Meinung sagen darf und man darüber redet“. Bald würden sie so etwas Ähnliches machen, wenn sie in der dritten Klasse zum ersten Mal einen Klassensprecher wählen.
Schon bei den Kleinsten werben
Dass schon Grundschüler demokratische Regeln und Haltungen lernen und verinnerlichen, macht wiederum Klaus Holetschek zufrieden: „Gerade in diesen Zeiten merken wir, dass wir alles dafür tun müssen, dass die Demokratie auch in Zukunft bleibt.“ Und dafür schon bei den Kleinsten zu werben, macht dem Politiker Freude, auch wenn er gerade eine anstrengende und bis in die Nacht dauernde Sitzung hinter sich hat. Aufmerksam hört er zu, als ihm die Grundschüler stolz erzählen, dass sie schon einen Klassenrat hätten, der Probleme berät. Etwa das Schubsen und Drängeln zu Beginn der Pause und wie sie das mit gemeinsam beschlossenen Regeln in den Griff bekommen.
„Da sieht man doch, dass Kinder so etwas spielerisch lernen und dass es funktioniert“, sagt Holetschek, den außerdem beeindruckt, wie Büchereien den Demokratiegedanken fördern. So wie die von der katholischen Pfarrei und der Kommune getragene Bibliothek in Anzing bei München, die der Sankt Michaelsbund fachlich berät. Auf unterschiedlichste Weise könnten Kinder wie Erwachsene hier lernen, ihr Wissen vertiefen, sich über gesellschaftliche Fragen austauschen und informieren.
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Räume der Begegnung
Holetschek verlangt deshalb von seinen Kolleginnen und Kollegen in der Politik, sich „gemeinsam dafür starkzumachen, dass Büchereien erhalten bleiben“. Die seien schon lange nicht mehr allein dafür da, „um Medien auszuleihen“, ergänzt Claudia Pecher bei der Vorlese-Premiere. Die Landesfachstellenleiterin im Sankt Michaelsbund sieht gerade in den Büchereien kleinerer Gemeinden „einen Raum der Begegnung, wo man auch Meinungen austauschen kann und vielleicht mit einer neuen Meinung wieder nach Hause geht“. Eben einen Ort der Demokratie. Dass es wichtig ist, sie zu pflegen, weiß schon die siebenjährige Ella: „Denn sonst würde unser Leben nicht so gut laufen.“