"Rassismus tut weh"
Rassismus wirkt oft unbewusst – selbst bei Menschen, die sich aktiv für Integration einsetzen. Bildung und Reflexion helfen, Vorurteile abzubauen. Die Internationalen Wochen gegen Rassismus leisten dazu einen Beitrag.
„Mir ist es vor kurzem wieder passiert“, erzählt Florence Choffat. Sie war bei einer Veranstaltung, bei der auch viele muslimische Frauen waren. „Dann kam eine Dame mit wirklich sehr engem Kopftuch nach vorne und hat eine wissenschaftliche Studie vorgestellt. Sehr interessant, sehr perfekt. Und ich hab mich bei dem Gedanken ertappt: Das hätte ich jetzt nicht erwartet“. Rassismus wirkt oft unbewusst. Und nicht einmal Choffat, die seit vielen Jahren im Bereich Flucht und Integration arbeitet, ist frei von solchen unterbewussten rassistischen Vorurteilen. Umso wichtiger findet sie es, sich das selbst einzugestehen: „Ich erzähle das jetzt überall rum. Einfach, um das nicht weg zu schweigen, sondern um darüber zu sprechen“.
„Rassismus tut einfach weh“, nimmt Choffat die Sicht der Betroffenen ein. Dilbayeh Muschol, der im Fachbereich Integration der Caritas München arbeitet, macht die gesellschaftliche Ebene deutlich: „Rassismus schränkt ein, in Würde in einer demokratischen Gesellschaft zu leben. Denn es grundsätzlich um unsere Kernwerte: Partizipation, Gleichheit, Gleichbehandlung.“ In seiner Arbeit bei der Caritas ist es Muschol ein Herzensanliegen, sich mit rassistischen Strukturen im Bereich der Sozialen Arbeit auseinanderzusetzen und Fachkräfte zu schulen: "Wir haben Klienten, die in ihrem Alltag Rassismus massiv erfahren. Für eine fachlich angemessene Beratung müssen sich wir uns auch mit dem Thema auseinandersetzen.“
Sie finden jedes Jahr anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus statt. Bis 30. März gibt es auch in München ein vielfältiges und meist kostenloses Programm mit Veranstaltungen, Diskussionen und Workshops, in denen verschiedene Facetten von Rassismus beleuchtet werden.
Dilbayeh Muschol wirkt deshalb bei den Internationalen Wochen gegen
Rassismus (IWGR) mit: Er hat die Sonderausstellung „Der Kolonialismus in
den Dingen“ mitgestaltet, die sich kritisch mit Kunst- und Kulturgüter
aus der Kolonialzeit auseinandersetzt. Ebenfalls beteiligt bei den IWGR
ist Sofie Engl vom Katholischen Bildungswerk München – beispielsweise
mit dem Format „Streitet euch!“, in dem Strategien zum Umgang mit
Stammtischparolen trainiert werden. Wichtig sei, neben theoretischem
Wissen auch solche praktischen Übungen anzubieten. Und das Interesse
daran ist groß, bemerkt Engl: „Bei all dieser gesellschaftlichen
Entwicklung bestärkt mich das so sehr, zu sehen, wie viele Menschen auf
dem Weg sind und sich selbst reflektieren wollen.“
Florence
Choffat hofft, dass solche Veranstaltungen dazu beitragen können, „dass
die Vielfalt in unserer Gesellschaft nicht mehr Angst macht, sondern als
etwas Positives gewertet wird.“ Für sie sind die Internationalen Wochen
gegen Rassismus ein wichtiger Ort, um genau diese Perspektive zu
stärken. Und Sofie Engl betont: "Es ist wichtig, dass wir nicht
aufhören, über Rassismus zu sprechen."
Hannah Wastlhuber