Das Georg-Walser-Stipendium „Mut und Menschlichkeit“ geht 2024 an die Journalistin Philippa Schindler, an das Gymnasium Lappersdorf und an das Staffelsee-Gymnasium Murnau

München, 10. Dezember 2024 - Der Sankt Michaelsbund in München vergibt zum zweiten Mal das Georg-Walser-Stipendium „Mut und Menschlichkeit“ für Erinnerungsarbeit. Es ist im Jahr 2024 mit insgesamt 3.650 Euro dotiert und soll junge Journalistinnen und Journalisten sowie Schülerinnen und Schüler zur Befassung mit Widerstand gegen Diktatur und Unrecht anregen.

Eine Förderung in Höhe von 2.500 Euro erhält die Journalistin Philippa Schindler. Die Kölnerin hat sich mit einem Projekt beworben, das sich mit dem Schicksal ihrer Urgroßtante Christel auseinandersetzt. Die Schwester ihrer Urgroßmutter war Opfer von Sex-Zwangsarbeit im Bordell des KZ Buchenwald und wanderte 1951 nach Kanada aus. Das Schweigen über Christels Schicksal in der Familie ist für Philippa Schindler exemplarisch für das Verschweigen und Nicht-Erinnern von Schicksalen wie diesem in der Gesellschaft nach Kriegsende. Sie plant eine Reportage für Print- und Onlinemedien sowie auch ein Audiofeature, um mit historischen Fakten zur weiteren Aufarbeitung von Sex-Zwangsarbeit in nationalsozialistischen Konzentrationslagern ihren Beitrag gegen das Vergessen zu leisten.

„Dank des Georg-Walser-Stipendiums“, so Philippa Schindler, „habe ich die Möglichkeit, die Geschichte meiner Urgroßtante tiefgehend und nachhaltig zu recherchieren – und damit ein Licht zu werfen auf jene vergessenen Opfer der NS-Zeit. Von 1943 bis 1945 musste sie im ,Häftlingsbordell‘ des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Buchenwald Sex-Zwangsarbeit leisten. Wie die meisten anderen Frauen der ,Häftlingsbordelle‘ hat sie über das Unrecht, das ihr angetan wurde, ihr Leben lang aus Angst und Scham geschwiegen. Mit meinem Projekt möchte ich dieses dunkle und lange tabuisierte Kapitel der NS-Zeit stärker im kollektiven Gedächtnis verankern.“

Das Stipendium ist nach dem Journalisten Georg Walser (1969–2020) benannt. Er beschäftigte sich zeit seines Lebens beruflich beim Michaelsbund und ehrenamtlich mit vergessenen Gegnerinnen und Gegnern des Nationalsozialismus, etwa dem 1934 ermordeten katholischen Publizisten Fritz Michael Gerlich.

Im Bereich Schulen werden Eva Zametzer und das Gymnasium Lappersdorf ausgezeichnet. Sie erhalten 700 Euro für ihr Projekt „Auf den Spuren des Widerstands: Wege des Erinnerns an widerständige Menschen Regensburg während der NS-Herrschaft“, das im Rahmen eines P-Seminars der 11. Klasse umgesetzt werden soll. Geplant ist, eine interaktive Stadtführung, auch virtuell, mit entsprechendem Begleitmaterial zu erstellen.

Die Theatergruppe der Unterstufe des Staffelsee-Gymnasiums in Murnau wird mit einem Preisgeld in Höhe von 450 Euro ausgezeichnet. Unter Federführung der Gymnasiallehrerin und Theaterpädagogin Alexandra Oguntke beleuchten die Schülerinnen und Schüler der 5. bis 7. Jahrgangsstufen mit ihrem Stück „Der Koffer und die anderen“ aus unterschiedlichen Perspektiven Diskriminierung in unserer Gesellschaft von 1933 bis heute.

Die Jury zur Vergabe ist prominent besetzt. So gehören ihr Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle an sowie die Vorsitzende der „Weiße-Rose-Stiftung“ Hildegard Kronawitter, die auch stellvertretende Vorsitzende im Sankt Michaelsbund ist; weiter die Professorin für Fernsehjournalismus Claudia Nothelle, die Theologin Judith Einsiedel als Bischöfliche Beauftragte für KZ-Gedenkstättenarbeit im Erzbistum München und Freising, sowie Christina Walser und der geschäftsführende Direktor des Sankt Michaelsbundes Stefan Eß.

„Mit dem Georg-Walser-Stipendium setzen wir Zeichen in unsere Gesellschaft hinein. Wir unterstützen und ermöglichen Projekte, die sich mit dem Widerstand gegen Unrecht und Diktatur auseinandersetzen und sich aktiv einsetzen für die demokratische Gesellschaft, in der wir leben wollen“, so Stefan Eß.

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