Flucht & Vertreibung in der Literatur
Flucht und Vertreibung in der deutschen (Kinder- und Jugend-)Literatur
Rundgang auf der Frankfurter Buchmesse
München, 22. Oktober 2024
Im Vorausblick auf die 80. Jährung des Kriegsendes im kommenden Jahr haben die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Dr. Petra Loibl, MdL, und die Präsidentin der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur und Leiterin der Landesfachstelle für Büchereien und Bildung im Sankt Michaelsbund, Dr. Claudia Maria Pecher, einen Rundgang über die Frankfurter Buchmesse vorgenommen, um sich über die Präsenz der Themen Flucht und Vertreibung in den Verlagsprogrammen zu informieren und gemeinsame Projekte dazu anzuregen. Dabei wurden die Verlage Herder, Carlsen, S. Fischer, Galiani, Hanser, dtv, Rowohlt, C. H. Beck und Gerstenberg besucht.
Das 21. Jahrhundert ist geprägt von Fluchtbewegungen aufgrund von Kriegen, Umwelt- und Hungerkatstrophen. Die Kriege in der Ukraine und dem Nahen Osten verursachen aktuelle Fluchtbewegungen, aber auch die deutsche Geschichte ist von den Erfahrungen von Vertreibung und Flucht durch die NS-Diktatur, während und nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Der Niederschlag dieser Themen in der Literatur ist dabei unterschiedlich stark ausgeprägt, vor allem in der Kinder- und Jugendliteratur sind sie eher in Klassikern zu finden. Die Vertriebenenbeauftragte Loibl ermutigte die Verlage in den Gesprächen, das bereits bestehende Portfolio auszubauen: „Kinder und Jugendliche haben seinerzeit besonders unter Flucht und Vertreibung zu leiden gehabt. Manche verloren ihre Angehörigen oder gingen selbst verloren. Das hat viele Traumata hervorgerufen. Nach dem Krieg haben das zahlreiche Autoren in Erzählungen und Romanen verarbeitet. Diese Bücher waren sehr dem Zeitgeist verhaftet und sind größtenteils längst vergessen. Umso mehr wäre es heute an der Zeit, sich auch literarisch wieder stärker mit diesem Thema zu befassen, und so auch den „Kriegsurenkeln“ den Zugang dazu zu erleichtern, was ihre Vorfahren damals erlebt haben. Denn nicht jeder kann seine Groß- und Urgroßeltern heute noch dazu befragen. Und manchmal ist es auch besser, sich mit einem so schwierigen, leider aber auch wieder sehr aktuellen Thema, nicht im Rahmen eines Tatsachen- oder Erlebnisberichts, sondern auf erzählerischer Ebene zu befassen. Deshalb kann ich Autoren und Verlage nur ermutigen, in diesem Bereich aktiv und kreativ zu werden. Es gibt sehr viele junge Leute, die das sehr interessiert und die nur darauf warten“.
Gerade im Sinne der Identitäts- und Empathiebildung wäre es wichtig, die deutschen Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung in ihrem Spannungsfeld von Krieg, Besetzung, Zerstörung und Heimatfindung in aktueller (Kinder- und Jugend-)Literatur zu diskutieren, stimmte auch Dr. Claudia Maria Pecher zu: „Besonders wichtig ist aus meiner Sicht, dass die Themen Flucht und Vertreibung nicht nur in Publikationen für Kinder und Jugendliche behandelt werden, sondern dass dazu auch für die in der Vermittlung tätigen Erwachsenen, ob in der schulischen oder außerschulischen Bildung, leicht anwendbare und praxiserprobte Materialien bereit gestellt werden.“ Für den schulischen Bereich stellen viele Verlage bereits solche Unterrichtsvorschläge bereit. In den Gesprächen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Verlage regte Dr. Pecher an, auch für Büchereien entsprechende Angebote zu machen.
Zu den Themen Flucht und Vertreibung hat die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur eine Empfehlungsliste zusammengestellt, die gleichzeitig ein Beispiel für die unterschiedliche Präsenz dieser Themen für erzählende Literatur gibt.
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Pressekontakt:
Maximilian Mihatsch
Bibliothekarischer Mitarbeiter
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