Kultur und Wissen
07.10.2025

München

100 Jahre Hochschule für Philosophie

Von der katholischen Kaderschmiede zur für alle offenen Denkwerkstatt: Die Münchner Hochschule für Philosophie wird 100 Jahre alt. Und erweist sich als Verwandlungskünstler.
    

Außenansicht der Hochschule für Philosophie in München. Außenansicht der Hochschule für Philosophie in München. Foto: © Dieter Mayr/KNA

Die Kaulbachstraße 31/33 im Münchner Stadtteil Schwabing ist eine feine Adresse: Am Rande des Universitätsviertels finden in ruhiger Lage das Kleine und das Große, das Alltägliche und Außergewöhnliche, immer wieder neu zusammen. Gut 500 Studierende sollen hier das "Denken lernen". Das ist jedenfalls der Anspruch der Hochschule für Philosophie (HFPH), die am Freitag ihren 100. Geburtstag feiert.

Träger der renommierten Einrichtung ist der Jesuitenorden. Sein Ordenskürzel SJ steht für den lateinischen Begriff "Gesellschaft Jesu". Scherzhaft wird es manchmal als "Schlaue Jungs" übersetzt. Zutreffend daran ist, dass die Jesuiten mit ihrer anspruchsvollen akademischen Ausbildung etliche einflussreiche Intellektuelle hervorgebracht haben.

Offen für alle

In dieser Tradition sieht sich die Hochschule bis heute. Dabei bildet sie schon seit 1971 nicht mehr exklusiv den Ordensnachwuchs aus, sondern steht allen offen, unabhängig von Religion und Weltanschauung.

Eine ganze Reihe von Absolventinnen und Absolventen hat es in Spitzenpositionen geschafft: der Klimaforscher Ottmar Edenhofer, der FDP-Politiker Lukas Köhler, Journalisten wie der Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung", Wolfgang Krach, Stefan Leifert, Redaktionsleiter beim "heute journal", oder Ulf Poschardt von der Welt-Gruppe. Oder die Multi-Aufsichtsrätin Nathalie von Siemens.

Anzeige

Positionen verändern sich

Auch für manche Senioren ist das Bildungsangebot so attraktiv, dass sie sich nach einer Karriere noch einmal in den Hörsaal begeben. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber zog sogar ein komplettes Studium durch. Seinen Lernerfolg bilanzierte der 79-Jährige in einem Interview mit dem "Straubinger Tagblatt". So räume er heute dem Klimaschutz einen höheren Stellenwert ein als in seiner Zeit in der Politik.

Der Niederbayer erinnerte sich an einen Kommilitonen, der als Klimaaktivist bei der "Letzten Generation" mitgemacht habe und deshalb Weihnachten und Neujahr im Gefängnis gesessen sei. "Er studiert jetzt Medizin, war sicher kein Staatsfeind und wollte durch seine Aktivitäten dazu beitragen, die Welt zu retten", so Huber. "Die Gespräche mit ihm haben mich sehr beeindruckt."

Präsident ein versierter Netzwerker

Der seit 2011 amtierende Hochschulpräsident Johannes Wallacher verkörpert den Wandel der Einrichtung. Er ist weder Ordensmann noch Theologe, sondern Ökonom und Sozialwissenschaftler. Als versierter Netzwerker treibt er die Öffnung der Hochschule sowie die gesellschaftliche und auch materielle Verbreiterung ihrer Basis voran.

2019 schloss die HFPH eine Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM). "Die Erfolgreichen von morgen sind keine technischen Nerds", sagte TUM-Präsident Thomas Hofmann dazu. Seither studieren auch Maschinenbauer, Physiker, Mediziner und Politikwissenschaftler Philosophie in der Kaulbachstraße und erhalten dort Impulse für Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikationsfähigkeit und ethische Urteilskraft.

[inne]halten - das Magazin 20/2025

Himmlische Boten

Der Glaube an Engel ist für viele Menschen von großer Bedeutung.

Lesen Sie im [inne]halten-Magazin unseren Themenschwerpunkt und weitere Geschichten und Berichte aus dem kirchlichen Leben.

Staatliche Regelfinanzierung seit 2022

Wallachers größter Erfolg für jahrelange Lobbyarbeit in Landtag und Staatsregierung wurde 2022 Gesetz. Da nahm der Freistaat Bayern seine Hochschule in die staatliche Regelfinanzierung auf. Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) nennt sie einen "Diamanten" in der bayerischen Universitätslandschaft.

Für breiten Rückhalt steht auch das Kuratorium: Aktuelle und ehemalige Spitzenpolitiker aller bürgerlichen Parteien sind dort vertreten, aber auch das Haus Wittelsbach und Unternehmerkreise. Zu den Mäzenen zählen in München ansässige Großbanken und Wohnungsbaugesellschaften, außerdem Einzelpersönlichkeiten wie der Motivationscoach Erich von Lejeune. Das ermöglicht Stiftungslehrstühle einzurichten, etwa für die Völkerverständigung.

Erinnerung an einen NS-Widerständler

Gefeiert wird das Jubiläum im Grunde schon das ganze Jahr. Zum Auftakt kam der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth. Er sprach am 2. Februar zum Todestag eines der bekanntesten frühen Studenten, des von den Nazis hingerichteten Jesuiten und Widerstandskämpfers Alfred Delp.

"Es sollen einmal andere besser und glücklicher leben dürfen, weil wir gestorben sind", zitierte Harbarth aus einem Brief, den Delp kurz vor seinem Tod schrieb. Und gab zu bedenken, man solle diese Worte nicht nur als Ausdruck einer vagen Hoffnung verstehen, sondern als klaren Handlungsauftrag zur Verteidigung von Menschenwürde, Grundrechten, Demokratie und Rechtsstaat.

Christoph Renzikowski

KNA
Artikel von KNA
Katholische Nachrichten-Agentur
Die Katholische Nachrichten-Agentur wird von der kath. Kirche getragen mit Sitz in Bonn.