Immer da, wenn Luis Hilfe braucht
Diversität im Klassenzimmer dank Schulbegleitung
Luis hat Glück gehabt. Dass er über die Malteser mit Deidre Otto eine Schulbegleiterin gefunden hat, ist nicht selbstverständlich. Denn Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter sind in München Mangelware. Auch in Luis Klasse gäbe es ein Kind, dessen Eltern einen Schulbegleiter suchten, erzählt Otto. Gerne würde sie diesem Schüler ebenfalls helfen, ihre komplette Aufmerksamkeit braucht jedoch Luis.
Stille Beobachterin
Seit gut einem Jahr ist Otto seine stille Beobachterin. Mit etwas Abstand sitzt sie im Klassenzimmer während des Unterrichts hinter Luis und registriert genau, wie der Elfjährige im Unterricht zurechtkommt. Sie sorgt dafür, dass er bei Arbeitsblättern und Schulsachen den Überblick behält und nichts vergisst. In den Pausen ist sie mit dabei, wenn Luis andere Kinder trifft und passt auf, dass es nicht zu größeren Konflikten kommt. Der Fünftklässler leidet unter ADHS, was für „Aufmerksamkeitsdefizit“ und „Hyperaktivitätsstörung“ steht. Seit Luis vom Schulbegleitdienst der Malteser im Bezirk München unterstützt wird, läuft es für ihn in der Schule wieder deutlich besser, berichtet seine Mutter Angela. Vorher sei Luis von Mitschülern gemobbt worden, häufig habe er auf dem Pausenhof Streit angefangen, weil er seine Gefühle nicht richtig hätte ausdrücken können. „Ohne Schulbegleiterin hätten wir nicht gewusst, ob er an der Schule bleiben kann oder darf“, erzählt die Mutter, die sich selbst auf die Suche nach Hilfe machte. Sie sei sehr dankbar, dass der Dienst der Malteser ihrer Familie unter die Arme greifen konnte.
Begleitdienst unterstützt rund um den Unterricht
Die Schulbegleiterinnen und -begleiter der Malteser im Bezirk München kümmern sich derzeit um rund 120 Kinder und Jugendliche mit Handicap. Sie unterstützen diese in Schulen, Kindergärten und Kitas, so dass die Betroffenen ihren Alltag möglichst selbstständig meistern können. Der Schulbegleitdienst richtet sich an junge Menschen, „die eine Auffälligkeit im Verhalten haben“, erklärt Benjamin Wellinger, stellvertretender Leiter des Schulbegleitdienstes. Gemeint sei damit etwa ADHS oder Autismus. Darüber hinaus könnten auch Kinder begleitet werden, bei denen keine „klassische Diagnose“ vorliege, sondern die Probleme im „sozialen Bereich“ hätten. Der Begleitdienst der Malteser unterstützt die Kinder rund um den Unterricht, soll dabei aber nicht die pädagogischen Fachkräfte ersetzen. „Unsere Begleiterinnen und Begleiter sollen für das Kind eine Unterstützung sein in emotionaler, sozialer und organisatorischer Hinsicht“, sagt Wellinger. Sie seien eher die rechte Hand des Lehrers, der vorgibt, was gemacht werden muss. Bei den Lehrkräften käme der Dienst meist sehr positiv an, da die Betreuung der betroffenen Kinder im Schulalltag normalerweise viel Energie erfordere, betont der Psychologe.
Schulbegleiter händeringend gesucht
Dennoch würden vor Beginn des Dienstes stets Absprachen über Rolle und Funktion der Begleiterinnen und Begleiter mit den Lehrkräften getroffen. Händeringend suchen die Malteser aktuell nach neuen Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern, denn die Warteliste mit hilfsbedürftigen Kindern sei lang, so Wellinger. Der Dienst ist kein Ehrenamt und wird in Teilzeit entlohnt. Pädagogische Vorerfahrungen sind nicht nötig, allerdings sollte man empathisch sein und gut mit Stresssituationen umgehen können. Auch eine gewisse Flexibilität sei notwendig, denn die Gefühlslage etwa von autistischen Kindern könne sich von einem auf den anderen Tag komplett ändern.
Einen Schritt nach vorne
Bevor man Kinder wie Luis dann ins Klassenzimmer begleiten kann, stehen noch Schulungen und Gespräche mit den Verantwortlichen der Malteser an und genaue Überlegungen, welcher Begleiter zu welchem Kind passen könnte. Deidre Otto jedenfalls hat ihre Entscheidung, sich zur Schulbegleiterin ausbilden zu lassen, nicht bereut. Sie ist selbst Mutter und hätte sich auch für ihren Sohn eine Begleitung in der Schule gewünscht. Damit wäre diesem vielleicht viel Ärger erspart geblieben, erzählt Otto. Was ihrem Sohn nicht vergönnt war, möchte sie nun für andere Kinder möglich machen, das ist ihre Motivation, als Schulbegleiterin aktiv zu sein. Dass Otto ein gutes Händchen als Schulbegleiterin hat, scheint sich bei Luis zu bestätigen. Zu Beginn des aktuellen Schuljahres habe er einen großen Schritt nach vorne gemacht. Anstatt nur Fünfer zu schreiben, stünde immer öfter die Note drei unter seinen Schulaufgaben. „Ich bin felsenfest der Meinung, dass Luis bald auch ohne mich in die Schule gehen wird“, betont Otto. Diese Einschätzung ist durchaus realistisch. Zwei bis drei Jahre Schulbegleitung rechnet man bei einem Kind mit Förderbedarf. Schüler, die bis zum Schulabschluss Hilfe brauchen, kommen nach Einschätzung der verschiedenen Anbieter für Schulbegleitung nur selten vor. (Paul Hasel, Redakteur beim Michaelsbund)