Lehners schräge Lebenshilfe
15.12.2023

Auf die Christbaumspitze getrieben

An Weihnachten tauchen in Familien oft Ängste auf: die Angst zu kurz zu kommen oder benachteiligt zu werden. Die Angst, dass meine Geschenke nicht genügen, das Weihnachtsessen nicht gut genug ist, das Fest insgesamt auch nicht.

Es ist mir alles zu viel. So sehr ich mich auch anstrenge, es genügt nicht. Ich genüge nicht. Und dann beginnen die offenen und subtilen Rivalitäten, Trotzigkeiten, Schuldzuweisungen, Ressentiments. Gerade an Weihnachten, dem Fest der der Liebe, stehen die Chancen gut, sich aus diesen Ängsten zu befreien. Der Evangelist Lukas, selbst wohl Arzt, berichtet es in der Weihnachtserzählung:  Der Heilraum der Ängste ist die Krippe.  Dieses Kind in der Krippe scheint keine Angst vor dem Zu-Kurz-Zu-Kommen zu haben. Obwohl es so hilflos ist wie Säuglinge eben sind. Auch später als Erwachsener hat dieser Jesus keine Angst, ins Nichts zu fallen. Sein heilendes Wort heißt nicht ich, sondern Du.  Sein Du ist grenzenlos. Es scheint eine überirdische Beziehung zu geben, die ihm die Fähigkeit verleiht, andere anzunehmen, und zwar ganz andere, mit denen niemand etwas zu tun haben will. Und die sind dann völlig perplex, dass ihnen so etwas widerfährt, wenn sie sehend, gehend, befreit und lebendig geworden sind, zum Ärgernis der angstvollen Frommen mit eben genau diesen unerlösten Ängsten. Jesus hört nicht damit auf, sich mit den Menschen zu unterhalten. Geduldig, liebevoll, offen, ein ganzes Leben lang, wenn es sein muss. Probieren wir das doch einmal aus: Meine Faust und eine offene Hand eines anderen Menschen darunter. Lassen sie sich überraschen. Dass die Freiheit dieses Mannes aus Nazareth einen göttlichen Ursprung haben könnte, erkennt man daran, dass er nicht aufhörte, die Hände und die Arme offen zu halten, um im Dialog zu bleiben, auch wenn Menschen seine Freiheit mit Gewalt durchkreuzen wollten. Die offene untergehaltene Hand ist bis heute geblieben, damit wir unseren göttlichen Ursprung entdecken können. Mit dieser offenen Hand können auch wir die Ängste aus der Faust, dem Gesicht, dem Herz und der Seele streicheln. Machen wir es doch an Weihnachten wie Jesus: Wir unterhalten uns freundlich und ehrlich, mitfühlend und weitherzig. Und vielleicht ereignet sich dann die Geburt einer Angstfreiheit und ein Du. Und zwei Menschen sind plötzlich berührt vom Wunder der Weihnacht, zu dem es wirklich nicht viel braucht.

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