Krisen und Chancen
08.10.2025


Das Selbstfürsorge-Buch

Verlust bewältigen: Jeder trauert anders

Trauer kennt kein richtig oder falsch: Expertin Mechthild Schroeter-Rupieper zeigt, wie Menschen Verlust achtsam und selbstbestimmt verarbeiten – mit Raum für Gefühle, Gespräch und Selbstfürsorge.
    

Familientrauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper hat darüber geschrieben, wie wir Trauer achtsam verarbeiten können. Familientrauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper hat darüber geschrieben, wie wir Trauer achtsam verarbeiten können. Foto: © Serhii – stock.adobe.com

Die einen weinen über Wochen hinweg, die anderen stürzen sich in Arbeit: Jede und jeder verarbeitet Trauer um einen geliebten Menschen auf eigene Weise. Aus Expertensicht gibt es keine richtige oder falsche Art zu trauern. „Unterschiedliche Reaktionen auf gleiche Ereignisse sind normal und dürfen sein", schreibt Familientrauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper in dem Band „Das Selbstfürsorge-Buch", der soeben im Patmos-Verlag erschienen ist.

Trauer in Beziehungen: 
Unterschiedliche Bedürfnisse anerkennen

Trauerphasen stellen Beziehungen damit aber auf die Probe: Er braucht seinen Freiraum und geht zum Fußballspielen - sie besucht lieber die Selbsthilfegruppe. Manche fühlen sich dann nicht verstanden: Trauert mein Partner überhaupt? Oder hat er den Tod schon vergessen? Gerade jetzt sind Gespräche wichtig, sagt Schroeter-Rupieper im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Wenn Paare schon vorher nicht über Gefühle geredet haben, dann fällt es im Ernstfall besonders schwer." Ein gemeinsam durchlebter Trauerfall könne aber auch eine Chance sein und „sogar eine Ehe retten, wenn beide nun lernen, miteinander zu reden".
    

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Verzögerte Trauer: Warum der Schmerz 
oft erst später kommt

Bei vielen Menschen beginnt Trauer erst nach mehreren Wochen, fügt die Expertin hinzu. Nach dem Tod sind Trauernde oft abgelenkt und verdrängen den Abschied. Später wird ihnen der Verlust im Alltag umso schmerzhafter bewusst: Die Mutter ist nicht mehr da für Telefonate, während andere mit ihren Müttern noch spazieren gehen. Angehörige glaubten häufig, dass ein Teil der Trauerphase dann schon abgeschlossen sei. „Viele fragen dann: Geht es dir schon besser?", sagt Schroeter-Rupieper. "Und verstehen gar nicht, dass die Person noch Zeit für ihre Trauer braucht."

Achtsame Trauer: Raum für Gefühle 
ohne Entschuldigung

Gespräche mit vertrauten Menschen tragen jedoch bei vielen Trauernden zur Heilung bei. „Freunde müssen keine Trauerbegleitung leisten", sagt Schroeter-Rupieper, die das Lavia Institut für Familientrauerbegleitung in Gelsenkirchen leitet. „Es tut aber allein schon gut, wenn ein anderer Mensch Verständnis zeigt."

Wie viel Trauer gesund ist, hängt von jedem selbst ab. Trauer braucht ihren Raum: „Traditionell werden wir immer noch oft dazu erzogen, nicht traurig sein zu dürfen", sagt Schroeter-Rupieper. Manche Trauernden entschuldigten sich deshalb dafür, wenn beispielsweise Tränen kommen. „Dann sage ich: Sie müssen sich nicht entschuldigen, Ihr Kind ist tot. Nehmen Sie sich Zeit für die Trauer."

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Die bleibende Narbe: Erinnerungen annehmen, ohne daran zu zerbrechen

Auch Glücksgefühle hätten aber ihre Berechtigung. Viele Trauernde fühlen sich den Toten gegenüber schuldig, wenn sie sich in der Trauerphase über Dinge freuen. „Es gibt auch ein Zuviel", sagt die Trauerbegleiterin. „Wenn ich mir Freuden verbiete und nur noch an den Verlust denke." Entscheidend sei, ein gesundes Maß zu finden. „Gesunde Trauer heißt, dass ich Trauer zulasse, wenn sie da ist", sagt Schroeter-Rupieper. „Dass ich aber auch Pause machen und sagen kann: jetzt nicht - später wieder." 

Für immer verschwindet Trauer selten. „Die Narbe bleibt und sie bleibt berührbar", sagt Schroeter-Rupieper. Dann etwa, wenn Trauernde ein Lied, einen Namen oder einen Geruch wahrnehmen, der sie an die verstorbene Person erinnert. Allerdings: „Wenn ich einen Weg finde, mit der Trauer umzugehen, dann berühren mich diese Eindrücke immer noch", erklärt die Expertin: "Aber ich weine nicht mehr." 

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