Was gibt Ihnen derzeit Zuversicht?
Caritas-Vorständin, Gabriele Stark-Angermeier
Mir scheint, wir stellen uns heute häufiger die gegenteilige Frage: Was lässt mich (ver)zweifeln? Gerade wenn wir an die vielen gesellschaftlichen oder persönlichen Krisen der Zeit denken: Energiekrise, Krieg in Europa, Inflation, Wohnungsnot, finanzielle Existenzangst, Trennung von einem geliebten Menschen und so weiter. Ängste und Verzweiflung machen schwach. Zuversicht hingegen ist der Gedanke, die Handlung, die in einer Notlage einen Ausweg zeigt. Die Suche nach einer Lösung, nach einem Weg hat mich in meiner Zuversicht immer wieder bestärkt, dass es ein Licht am Ende des Tunnels gibt. Darin haben mich Menschen, die mir begegnet sind, wesentlich bestärkt. Zuversicht und Hoffnung sind für mich ein Gefühl der Verbundenheit, nicht alleingelassen zu sein. Zuversicht gibt mir die Stärke, die Dinge anzupacken, Neues auszuprobieren und weiterzugehen.
Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg
Der Jahresbeginn 2023 ist geprägt von etlichen Krisensituationen in Kirche und Welt. Dazu kam am letzten Tag des Jahres 2022 ein weiteres Ereignis: Der Tod von Papst emeritus Benedikt XVI. Es überrascht Sie vielleicht, liebe Leserinnen und Leser, dass ausgerechnet dieses Ereignis mir Mut und Zuversicht gibt. Denn in seinem Geistlichen Testament (siehe Seite 32) schreibt Benedikt – gleichsam als Resümee seines langen Lebens: „Jesus Christus ist wirklich der Weg, die Wahrheit und das Leben – und die Kirche ist in all ihren Mängeln wirklich sein Leib.“ Für mich ein wunderbares Erbe unseres bayerischen Papstes. Es macht Mut, weiterzugehen auf dem Weg der Wahrheit und des Lebens; es erfüllt mich mit Dankbarkeit, dass ich Teil dieses Leibes, der die Kirche ist, sein darf. Es spornt mich an, meinen Beitrag zu leisten zu einer wahrhaften Erneuerung der Kirche aus der Botschaft Jesu Christi heraus.
Armin Schalk,Vorsitzender des Diözesanrates der Katholiken der Erzdiözese München und Freising
Zuversicht ist für mich die Hoffnung, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen und Ziele zu erreichen. Es hilft mir, mich an frühere Erfolge und positive Erfahrungen zu erinnern und mich von anderen Menschen inspirieren zu lassen. Die Gemeinschaft aller Getauften ermutigt mich immer wieder, auf Gottes Liebe und Fürsorge zu vertrauen und auf seine Hilfe zu hoffen. Wenn wir uns dazu entscheiden, diese Gemeinschaft mitzutragen, erfahren auch wir den Halt durch diese Gemeinschaft. Zuversicht gehört zum Kern unseres Glaubens. Auf diese Weise können wir selbst in schwierigen Zeiten unsere Ziele verfolgen und unser Potenzial entfalten. Und deshalb freue ich mich auch im neuen Jahr 2023 auf die Begegnungen mit den vielen engagierten Menschen in unserer Erzdiözese und darüber hinaus.
Wolfgang Öxler OSB, Erzabt von St. Ottilien
„Hoffnungsstur und glaubensheiter“ – diese beiden Wahrheiten eines Buchtitels bringen mich mit meiner Zuversicht in Berührung. Ich sehe durchaus das Bedrängende, ohne mich dabei völlig vereinnahmen zu lassen. Zuversicht kann man nicht befehlen, aber man kann sich um eine zuversichtliche Haltung bemühen. Mein tägliches Gebet und ein gesunder Rhythmus sind für meine Seele und meine Psyche wohltuend. Die Musik, der Humor und mein täglicher Gang in die Natur helfen mir, loszulassen und glaubensheiter zu bleiben. Da gibt es die Erfahrungen von überstandenen Krisen in meinem Leben, die sich wie ein Hoffnungstrittbrett anfühlen. Jeden Abend erinnere ich mich an gute menschliche Begegnungen und an wunderbare Fügungen. Da gibt es doch vieles, was nicht von mir gemacht worden ist und trotzdem existent ist. Hoffnungsfroh leben heißt für mich: Ausschau zu halten nach dem, was mich trägt und woraufhin ich lebe.
Bettina Spahn, Leiterin der Katholischen Bahnhofsmission München
Starten wir in der Bahnhofsmission mit Zuversicht ins neue Jahr? Eine Antwort finde ich, wenn ich zurückschaue auf das vergangene Jahr und auf die Arbeit am Gleis 11. Die Begriffe „neue Normalität“ oder „Zeitenwende“ begegnen dem Team tagtäglich in den Gesichtern der Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten oder die in ihrer Not zur Bahnhofsmission kommen. Da werden wir angeschaut von existenzieller Erschütterung, Frustration, Aussichtslosigkeit und auch von Lebensschicksalen, in denen sich nichts mehr zum Guten wenden wird. Trotzdem arbeiten wir an einem Ort, wo gemeinsam gelebt und auch gelacht wird und wo immer wieder viel Dankbarkeit spürbar ist und auch ausgedrückt wird. Das verscheucht die Angst und weitet den Blick. So liegt dann über einem ganz normalen Arbeitsalltag doch die Antwort und dieser unerklärliche Hoffnungsschimmer aus Zuspruch, Vertrauen und Weitsicht. Bestärkender Ausdruck dieser Zuversicht, mit der wir in der Bahnhofsmission und auch ich ganz persönlich auf einer Hoffnungsspur ins neue Jahr gehen, sind immer wieder die Worte Dietrich Bonhoeffers: „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“
Domkapellmeisterin Lucia Hilz
Bei dem Wort Zuversicht kommt mir ein Lied in den Sinn: „Singt dem Herrn ein neues Lied, niemand soll’s euch wehren.“ Die nach Corona wieder neu aufblühende Chorgemeinschaft in den Proben, Gottesdiensten und Konzerten trägt mich und wirkt weit ins neue Jahr hinein. „Dass das Trauern ferne flieht, singet Gott zu Ehren.“ Um mich herum gibt es viel Trauer, Kummer und Sorgen. Musik als Möglichkeit, in uns hineinzuhören und uns auszudrücken, in Beziehung zu kommen mit den anderen und mit Gott, das ist der Antrieb meiner Arbeit. „Täglich neu ist seine Gnad über uns und allen.“ Diese Zeile hilft mir im Alltag der Familie: Wir bekommen jeden Tag neu geschenkt! „Seine Schar verlässt er nicht, und in dieser Zuversicht darf sie’s fröhlich wagen.“ Ich bin nicht allein und freue mich auf viele positive Begegnungen.
(Fotos: AdobeStock/JORANAL, Nuthawut; privat/Hilz, Spahn; Seelsorgsregion München/Lennart Preiss; Caritas München-Freising; Göppert; Schalk)