
Buchprofile - Rezension
Bislang einzige Biografie zum Librettisten und Lieddichter Robert Gilbert.
Nach der Veröffentlichung seiner Dissertation (bei Peter Lang 2016) hat der Journalist Christian Walther nun eine für breites Publikum spannend und gut lesbare Darstellung zum Leben und Wirken des bedeutenden Lieddichters Robert Gilbert (1899-1979) vorgelegt. Bekannt ist Robert Gilbert heute noch durch die (oft zusammen mit seiner Ex-Ehefrau gefertigten) genialen Übertragungen der Libretti zu Musicals und Operetten wie etwa "My Fair Lady" und "Cabaret". Das Gilbert, Sohn des einflussreichen Operettenkomponisten Jean Gilbert (Max Winterfeldt), seit seinem Kontakt als Soldat zur kommunistischen Fraktion der Linken in der Weimarer Zeit auch sozialkritische und Kampflieder wie das "Stempellied" dichtete, mit Paul Dessau (einem entfernten Verwandten) und Hanns Eisler zusammenarbeitete, dürfte weniger bekannt sein. Ebenso wie die lebenslange Freundschaft mit Heinrich Blücher, dem späteren Ehemann Hannah Arendts. Gilbert, der 1929 offiziell aus dem Judentum austritt, findet nach dem Exil in den USA und der Wiedereinbürgerung vom neuen Heimatort Schweiz aus Anschluss an die westdeutsche Theaterszene, bevor er sich Anfang der 1970er Jahre zurückzieht und bald darauf stirbt. - Walther schreibt detailgenau, bestens recherchiert und in flüssiger Manier ein Buch, das für jeden Musik- und Dichtungsfreund mit Interesse für die Kulturgeschichte unseres Landes von großem Gewinn ist. Der Leser entdeckt eine faszinierende Persönlichkeit und hohe dichterische Begabung, die zusammen mit Friedrich Hollaender und Erich Kästner das deutsche Chanson/Lied der Zeit bestimmte. Ein ausführliches Namensregister und vor allem der Abdruck zahlreicher Liedtexte bereichern das Buch. - Empfohlen für alle Bestände mit musik- und kulturgeschichtlichem Schwerpunkt.
Helmut Krebs
Weiterlesen
Artikelbeschreibung
Das Jahrhundertleben eines deutschjüdischen Künstlers
Seine Verse kennt man bis heute: Robert Gilbert war einer der begehrtesten Liedtexter der Weimarer Republik. Er arbeitete mit Komponisten wie Friedrich Hollaender und Hanns Eisler zusammen, wurde von den Comedian Harmonists, Heinz Rühmann, Marlene Dietrich und vielen anderen interpretiert. Zugleich verfasste er hellsichtige politische Lyrik und Arbeiterkampflieder - sein "Stempellied" wurde durch Ernst Busch zum sozialistischen Klassiker. Da Gilbert Jude war und mit der KPD sympathisierte, musste er 1933 aus Deutschland emigrieren. Nach dem Krieg kehrte er zurück, machte Kabarett mit Erich Kästner und war über lange Zeit der gefragteste Musicalübersetzer im deutschsprachigen Raum.
Christian Walther schildert die Heimischwerdung eines kritischen Intellektuellen in der Welt des Populären. Zugleich nimmt er uns mit auf eine Zeitreise vom Berlin der Zwanzigerjahre über das Exil in Wien, Paris und New York bis zurück in die Unterhaltungswelt im geteilten Deutschland.
Personeninformation
Walther, Christian
Jahrgang 1956, freier Journalist und Vorsitzender des Journalistenverbands Berlin-Brandenburg. Seit dem Studium der Politikwissenschaft arbeitet er für Presse, Funk und Fernsehen, vor allem als Reporter für die Berliner Abendschau des rbb-Fernsehens. Er war Pressesprecher der Freien Universität Berlin, der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie der Leibniz-Gemeinschaft.
Mehr zum Thema
Schlagwörter