
Bayern im Buch-Rezension
Autobiografie des pseudo-naiven Volkssängers und Genies des bodenständigen, hintersinnigen Humors.
Fredl (eig. Alfred Raimund) schildert in vielen Kapiteln ganz unprätentios, eher sachlich und schlicht, seinen Werdegang, von der einödigen Waldler-Bua-Kindheit in Grafenau, den fantasievollen Sommerferien in Greding über die Ingolstädter Konviktschule, den Barras in Landsberg, seine Lehrzeit als Schmied-von-Kochel-Sendling (einer von seinen vielen imponierenden Berufen), über die Entfaltung seines Musiktalentes (vom Vater geerbt, mit selbstbewusstem Instinkt für Neues als Trompeter, Jazzer, Gaudibursch, erst später autodidaktischen Volkssängers-zur-Klampfe), seine Karriere als Gewichtheber und Ringer, bis hin zu seiner Entdeckung als Alleinunterhalter in den Zeiten des sagenhaften MUHs, der Drehleier, des Fraunhofers... Ein Kraftprotz ohnegleichen, ein Urviech, das seiner Parkinsonerkrankung trotzt, was zwar das Ende seiner langen öffentlichen Karriere bedeutet hat; privat „aba geht’s gradno weida“. Er haust als Gulaschkoch, Baggerfahrer, Instrumentenbastler, valentinesker Instrumentalist auf seinem (ihm auf den Leib geschneiderten) Bauernhof bei Altötting und empfängt, bewirtet seine Gäste, meist Spezln aus der alten Kleinkunstszene. Und er mag‘s immer noch griabig – sonst hätte er auch nicht die Muße gefunden, dies ureigene Werk zu verfassen, eine Art Vermächtnis seiner verquer-nachdenklich und schlitzohrigen Kunst als volkstümlicher Lieder-Macher – wie es auch seine Wegbegleiter alle bekunden. Der Band ist prächtig ausgestattet, vom in dämonisches Rot getauchten Titelbild über unzählige Original-Fotos, eingestreute Verse bis hin zu verschiedenen Würdigungen. Nicht überlesen: die beiden Fußnoten ganz am Ende!
Harald Grimm
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Artikelbeschreibung
Fredl Fesl ist die Ikone der bayerischen Musik- und Kabarettszene. Die Geschwister Well berufen sich ebenso wie Willi Astor und noch viele andere nach ihnen auf den vollbärtigen Volksmusikanarchisten, begnadeten Gitarristen und hintersinnigen Wortakrobaten. Sein Lied vom edlen Rittersepp oder von den 44 Fußballbeinen, das Taxilied und den Königsjodler konnte in den späten Siebziger Jahren jedes Kind mitsingen.
1947 im niederbayerischen Grafenau geboren und in München aufgewachsen, war Fredl Fesl Künstler und Kraftprotz zugleich: Der gelernte Kunstschmied brachte es erst zum oberbayerischen Juniorenmeister im Gewichtheben, dann "erfand" er das bayerische Musikkabarett. Eines seiner Markenzeichen bei Liveauftritten war die ausführliche Vorrede zu seinen Stücken, die manchmal länger dauerte und fast noch mehr Begeisterung beim Publikum auslöste als das eigentliche Lied. 1976 entstand im Münchner Theater im Fraunhofer seine erste Schallplatte mit dem Titel "Fredl Fesl", die sich in de
n ersten zwei Wochen über 100.000-mal verkaufte. Fünf weitere Alben sollten folgen.
Trotz einer im Jahr 1997 diagnostizierten Parkinson-Erkrankung stand Fredl Fesl noch bis 2006 auf der Bühne. Er blickt auf eine ungewöhnliche Karriere zurück und erinnert sich in ebenso locker wie nachdenklich geschriebenen Anekdoten an die schönsten und merkwürdigsten Begebenheiten in seinem Leben. Auf der langen Liste von Wegbegleitern, die ihm eine ganz persönliche Erinnerungsgeschichte für seine Autobiografie geschrieben haben, finden sich so prominente Namen wie Konstantin Wecker, Mike Krüger, Hans Well und Martina Schwarzmann.
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