
Buchprofile - Rezension
Das Anerkennen von Martin Luther als Reformer mit einem ernstzunehmenden theologischen Anliegen als Basis für weitere Schritte im ökumenischen Gespräch.
Konzentriert und freimütig, auf jedes Wort achtend, umreißt Kardinal Kasper in sieben kurzen Kapiteln die geschichtliche Entwicklung der Lutherforschung aus katholischer Sicht, die letztlich zu einer gemeinsamen Anerkennung des religiösen Anliegens Martin Luthers im 20. Jh. führte: "Für manche ist Luther schon fast zu einem gemeinsamen Kirchenvater geworden". Aber er verkennt nicht, dass noch kontroverse Fragen im Raum stehen, die das ökumenische Gespräch belasten. Dabei gab und gibt es theologische und politische Gründe, die den Kurs der Entwicklung immer wieder bestimmt haben. Kardinal Kasper betont die heutige ökumenische Perspektive als Aufgabe und Chance für evangelische und katholische Christen: "Es täte beiden Kirchen gut, vielen Menschen, die darauf warten, und der Welt, die heute unser gemeinsames Zeugnis braucht". Er plädiert dafür, 2017 ein gemeinsames Christusfest zu feiern, wie es von evangelischer Seite bereits vorgeschlagen wurde - nicht als Massenveranstaltung an einem Ort, sondern eher als gemeinsames Programm und Aufbruch für alle christlichen Gemeinden: "Das wäre ökumenische Katholizität ganz nah bei den Menschen und mitten in der Welt". Karl Rahner hat den Christ der Zukunft als einen Mystiker gesehen, als einen Menschen, der etwas mit Gott erlebt hat. Man sollte diese grundlegenden Gedanken aufgreifen und daraus ein gemeinsames Evangelisierungsprogramm beider Kirchen entwickeln. Andere Fragen bleiben zunächst liegen, vor allem, was die Kirchen noch trennt und vielfach als unüberwindlich gilt. Denn es besteht die Aussicht, dass wir auf dem mystischen Weg der Menschen, die Gott suchen und erleben, früher oder später ganzheitlich zueinander finden und Unterschiede in unseren Gemeinden nicht als Trennung, sondern als vitale Vielfalt erleben. Dieses Buch ist dazu ein nützlicher Basistext, wenn sich von da aus die Kirchen konkrete neue Aufgaben in einer lernenden Ökumene stellen und sich in großer Offenheit gemeinsame Ziele setzen, die in absehbarer Zeit erreicht werden können.
Armin Jetter
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Artikelbeschreibung
2017 wird der 500. Jahrestag der Reformation begangen. Luthers Welt und seine Botschaft stehen in der Zeit des Umbruchs zwischen Mittelalter und Neuzeit und sind Menschen von heute zunächst fremd. Hört man aber genauer zu, entdeckt man, wie aktuell seine Botschaft für Christen aller Konfessionen ist - und was ihn mit Papst Franziskus und dessen Einsatz für Barmherzigkeit verbindet. "Die Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes war Luthers Antwort auf seine persönliche Frage wie auf die Fragen seiner Zeit; sie ist auch heute die Antwort auf die Zeichen der Zeit und die drängenden Fragen vieler Menschen", so Walter Kasper, ehem. Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
Personeninformation
Walter Kardinal Kasper, geb. 1933, Dr. theol., Professor für Dogmatik, 1989-1999 Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, 2001-2010 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
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