Artikelbeschreibung
Im Kanon der Weltliteratur hat
die Fantastik einen singulären Ort. Vor
allem im 19. Jahrhundert eröffnete
sie buchstäblich fantastische literarische
Spielräume. Die bis heute maßgebliche
Einführung von Tzvetan Todorov bleibt
für das Verständnis dieser Gattung
ein unverzichtbares Standardwerk.
Ist die Figur im Roman schlicht wahnsinnig oder betrunken, sieht sie vielleicht
Gespenster, Traumbilder, Halluzinationen? Oder geschieht da tatsächlich etwas
Unwahrscheinliches, etwas Unheimliches? Nach Tzvetan Todorov ist diese
Unschlüssigkeit des Lesers ein wesentliches Merkmal der Wirkungsweise fantastischer
Literatur. Anhand zahlreicher Beispiele von E. T. A. Hoffmann über
Nikolai Gogol und Théophile Gautier bis zu Edgar Allan Poe zeigt er in seiner
Studie, auf welche Weise fantastische Texte diese Verunsicherung hervorrufen
und inwiefern sie im Rückgriff auf Übernatürliches gesellschaftliche Tabus
brechen und die Zensur umgehen konnten.
Todorov nimmt Einflüsse der russischen Formalisten auf und verarbeitet
auch Ergebnisse der strukturalistischen Untersuchungen seines Lehrers Roland
Barthes. Sein Buch ist der - durchaus kontrovers diskutierte - Ausgangspunkt
fast aller seither unternommenen Bestimmungsversuche des Fantastischen.
Personeninformation
Tzvetan Todorov wurde 1939 in Sofia geboren. Mit 23 Jahren ging er nach Paris, wo er heute lebt. Gastprofessor an zahlreichen Universitäten, so an der New York University, der Columbia University, der Harvard University, der Yale University und der University of California, Berkeley, erhielt er viele Preise und Auszeichnungen, ist Mitglied der American Philosophical Society und der American Academy of Arts and Letters sowie Offizier der französischen Ehrenlegion.
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