Fallstudie

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Buchprofile - Rezension
Kunstvoll verrätselte Geschichte über die doppelte Identität einer jungen Frau und ihrer Beziehung zu einem unkonventionellen Psychiater.
In der Rahmenhandlung erhält der Autor Notizbücher einer jungen Frau, die Anschuldigungen gegen einen bekannten und umstrittenen Psychiater im London der 1960er Jahre erhebt. Er entschließt sich, die Notizbücher leicht überarbeitet zu publizieren. Die namenlose Ich-Erzählerin, eine schüchterne junge Frau, will den Suizid ihrer Schwester Veronica aufklären, dessen Ursache sie in der falschen Beratung durch den Psychiater Braithwaite sieht. Sie meldet sich unter falschem Namen als Rebecca Smyth (s. Daphne du Mauriers Roman) als Patientin bei Braithwaite an und ist zunehmend fasziniert von dessen ungewöhnlichen psychiatrischen Methoden. Mit dem Namen Rebecca wird aus ihr eine andere Persönlichkeit: extrovertiert statt introvertiert, hemmungslos statt zurückhaltend. Nach Auffassung des Psychiaters soll zur Gesundung kein „wahres Selbst“ die Oberhand gewinnen, sondern das Nebeneinander beider Persönlichkeiten ertragen werden. Im Lauf der Geschichte, in dem auch die fiktive Biografie Braithwaites und seines Hauptwerks “Töte dein Selbst” erzählt wird, wird immer klarer, welch zerrissene und gestörte Persönlichkeit sie ist - oder eine glänzende Schauspielerin und trickreiche Erzählerin. Eine spannend erzählte Geschichte, die ständig zwischen Realität und Fiktion pendelt und die Leser/-innen über die beiden Persönlichkeiten der Ich-Erzählerin verwirrt zurücklässt. Und eine ironische Beschreibung der psychiatrischen Strömungen der 1960er Jahre.
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Artikelbeschreibung

»Ich bin davon überzeugt, dass Dr Braithwaite meine Schwester Veronica getötet hat. Damit meine ich nicht, dass er sie im üblichen Wort- sinn ermordet hat, dennoch ist er für ihren Tod verantwortlich, als hätte er sie mit seinen eigenen Händen erwürgt.« Zwei Jahre zuvor, im Herbst 1963, ist Veronica am Bridge Approach in Camden von einer Überführung gesprungen und vom 4:45-Uhr-Zug nach High Barnet überfahren worden. Niemand hätte ihr das zugetraut. Am wenigsten ihre Schwester. Und so wird diese bei Dr Braithwaite, Veronicas charismatischem Therapeuten, vorstellig, allerdings unter falschem Namen: als zutiefst aufgewühlte Patientin Rebecca Smyth. Sie ist entschlossen, der seltsamen Beziehung zwischen Braithwaite und Veronica auf den Grund zu gehen, die Umstände des Selbstmords ihrer Schwester zu klären. Wird ihre Darstellung den Psychologen überzeugen? Ein hochspannendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem Therapeuten und seiner Patientin. Was ist wahr, was Täuschung? Wer ist wer, wer glaubt wem was - und was dürfen, was können wir Leser glauben?

Personeninformation

Graeme Macrae Burnet wurde 1967 in Schottland geboren. Sein erster Roman Das Verschwinden der Adèle Bedau wurde 2013 mit dem Scottish Book Trust New Writers Award ausgezeichnet, sein zweiter Roman Sein blutiges Projekt stand 2016 auf der Shortlist des Man Booker Prize - was bemerkenswert ist, denn Krimis schaffen es eher selten in die Auswahl für den renommierten britischen Buchpreis. Spätestens seitdem zählt Burnet, der übrigens ein begeisterter Simenon-Leser ist, zu den außergewöhnlichsten Stimmen der internationalen Krimiszene, auch weil er mit jedem seiner Bücher das Genre neu erfindet. Nach Stationen in Prag, Bordeaux, Porto und London lebt und schreibt Burnet heute in Glasgow. Seine Bücher wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt.
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