Melanie Wolfers - Die Kunst der klugen Wahl (1/5)
Wenn es um Entscheidungen geht, wird umgangssprachlich oft zwischen einem Kopf- und einem Bauchtyp unterschieden. Klar, das sind nur Bilder, denn niemand entscheidet ausschließlich aus dem „Bauch“ heraus oder nur mit dem „Kopf“. Doch viele haben in dem Miteinander von Fühlen und Denken ein Stand- und ein Spielbein. Sie neigen dazu, der Vernunft oder dem Gefühl spontan ein Vorrecht einzuräumen. Wie ist das bei Ihnen: Kennen Sie Ihr Stand- und Ihr Spielbein? Oder lassen Sie ein Bein vielleicht sogar verkümmern?
Wer zu einem spontan-emotionalen Verhalten neigt und sich leicht
begeistern lässt, denkt nicht lange nach, sondern legt sich schnell
fest. Dabei verlässt er sich auf sein situatives Gefühl. Damit kann er
intuitiv richtig liegen. Doch der Schnellschuss kann auch gehörig
danebengehen. Wer offen für Neues ist und gerne spontan Dinge
übernimmt, bugsiert sich dadurch öfters ins Chaos hinein. Für
emotionale Schnellentscheider liegt die Herausforderung darin, sich
selbst zu verlangsamen. Denn nur dann haben Verstand und Herz die
Chance, zum Zug zu kommen.
Menschen mit einem rationalen Entscheidungsstil denken lange nach, ehe
sie handeln. Sie wägen genau ab und investieren viel Zeit in die Planung
künftiger Ereignisse. Müssen sie einen schnellen Entschluss treffen,
macht sie dies unsicher und unzufrieden. Solche Personen können
hervorragend analysieren und Strategien entwickeln! Doch es gelingt
ihnen nur schwer, ihre Analyse mit ihren persönlichen Bedürfnissen und
Zielen abzustimmen. Was sie angesichts von verschiedenen
Entscheidungsalternativen empfinden, nehmen sie nur schwach wahr.
Wer das Gespür für sich selbst so wenig entwickelt hat, tut sich
schwer, stimmige Entscheidungen zu treffen. Denn er schöpft nicht aus
dem Erfahrungsreservoir, welches das Bauchgefühl zur Verfügung stellt.
Erkenntnisse der Hirnforschung unterstreichen das: Gefühle und
Körperempfindungen sind ein immenser Wissensspeicher auf dem Weg zu
einer guten Entscheidung!
Ein Traumteam: Beide – Kopf und
Bauch – haben uns in Entscheidungssituationen etwas zu sagen. Daher
wäre es auch ein Missverständnis zu meinen, dass eines dieser
Bewertungssysteme besser oder schlechter sei als das andere. Vielmehr
gilt hier das Prinzip der Arbeitsteilung. Je nachdem, welche Art von
Entscheidung ansteht und wie die Umstände aussehen, kommen Kopf und
Bauch unterschiedlich zum Einsatz. Wenn eine Physikerin sich infolge
einer Modellrechnung für einen bestimmten Versuchsaufbau entscheidet,
arbeitet das Hirn anders als beim Fußballer, der blitzschnell zwischen
Torschuss und Pass wählen muss.
Die Kunst einer klugen Wahl
besteht darin, dass wir die Stärken und Schwächen von Kopf und Bauch
kennen und situationsgerecht einsetzen. Gelingt ihre Kooperation, ist
ein Traumteam am Start!