Ökumenischer Gottesdienst zur Gebetswoche
Feierlich erklingt die Orgel und eine Schar von über 30 Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichsten christlichen Konfessionen zieht in die evangelische Bischofskirche St. Matthäus am Münchner Sendlinger-Tor-Platz ein. Anlass ist der zentrale ökumenische Gottesdienst, der den diözesanen Auftakt der Gebetswoche für die Einheit der Christen bildet. Ein Gottesdienst der besonderen Art. Ein Gospel-Chor animiert mit seiner guten Laune die Gemeinde zum Mitklatschen und spätestens, als der zweite Chor des Abends – afrikanische Sängerinnen und Sänger in ihrer bunten Kleidung – Lieder aus der Heimat singt, hält es keinen der anwesenden Gläubigen mehr auf den Sitzen.
Gemeinsam mit Kardinal Reinhard Marx, dem rumänisch-orthodoxen Bischof
Sofian von Kronstadt, Superintendent Markus Jung von der
Evangelisch-Methodistischen Kirche und weiteren Vertretern der
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Bayern feiert der
Evangelisch-Lutherische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm den
Gottesdienst.
Alles steht unter dem Motto „Tut Gutes! Sucht das Recht!“ (Jes 1,17).
Eine vom Rat der Kirchen im US-Bundesstaat Minnesota eingesetzte
Arbeitsgruppe wählte diesen Vers aus. Der thematische Fokus liegt dabei
auf Rassismus und Benachteiligung marginalisierter Gruppen. Der Prophet
Jesaja forderte damals das Volk Gottes auf, gemeinsam Gutes zu tun,
Recht zu suchen, den Unterdrückten zu Hilfe zu kommen, die Waisen zu
verteidigen und für die Witwen einzutreten. In diesem Zusammenhang
erklärt Bedford Strohm in seiner Begrüßungsansprache, dass Rassismus im
tiefen Widerspruch zum christlichen Glauben stehe. „Es gibt ihn nicht
nur in den USA und anderswo. Es gibt ihn auch bei uns. Dagegen setzen
wir als Christinnen und Christen auf der ganzen Welt die Überzeugung,
dass jeder Mensch gleichermaßen zum Bilde Gottes geschaffen ist.
Deswegen setzen wir uns für die Menschenwürde überall auf der Welt ein.“
Und er ergänzt: „Die Rufe des Propheten damals gelten auch für uns
heute.“ Ihm sei es wichtig, dass alle, egal wie unterschiedlich sie
seien, gemeinsam stark genug seien, um gegen Ungerechtigkeiten in der
heutigen Zeit vorzugehen.
Ähnlich sieht dies auch Kardinal
Marx. In seiner Predigt bezieht er sich auf die Würde des Menschen und
hebt dessen Gottesebenbildlichkeit hervor. Es sei für ein gelindes
gesellschaftliches Miteinander wichtig, sich gegenseitig zu stärken und
gemeinsam Gutes zu tun. Die Berufung zum Christsein fordere dazu auf, an
die Seite Jesu zu treten und seine Gotteserfahrung zu leben. „Wo
Menschen sich begegnen, wo das große Mahl gefeiert wird, wo die Sünder
Vergebung erfahren, wo Kranke aufgerichtet werden, da ist das Reich
Gottes mitten unter euch!“, betont Marx. An der Seite Jesu zu stehen,
habe für ihn auch eine politische Dimension. „Das gilt auch für die
Frage von Krieg und Frieden. Dann stehen wir an der Seite derer, die
sterben im Krieg und die leiden und die erfrieren.“ Zwar habe er keine
Lösung für ein Ende des Krieges, doch wisse er, dass es so nicht
weitergehen könne. Er könne nicht verstehen, warum Waffen im
Ukraine-Krieg die einzige Möglichkeit sein sollten. Daher wünsche er
sich, dass alles in Bewegung gesetzt werde, um die Waffen endlich zum
Schweigen zu bringen. Dies würde zwar nicht das Ende des Krieges
bedeuten, allerdings „das Ende des Tötens und des Leidens für einen
Augenblick“ und „das Atemholen dafür, dass wir an den Menschen denken“,
appelliert Marx.
(Pauline Erdmann, Volontärin beim Michaelsbund)