Glaube leben - Tag für Tag
Die Münchner Kirchenzeitung (MK) ist die bayerische Wochenzeitung für alle, die im Erzbistum München und Freising zuhause sind. Das Glaubensbuch ist gleichsam das Herzstück der MK. Hier finden Sie deren Kerninhalte, darunter die liturgischen Texte vom jeweiligen Sonntag, spirituelle Impulse für Ihren Alltag und Denkanstöße zu allen Tagesevangelien.

Gebetsräume
Glaube im Alltag erlebt von Sr. Carmen Tatschmurat, Abtei Venio, München und Prag
In den vergangenen Monaten war ich auf Recherche für ein neues Buch unterwegs. Ich habe kleine, überwiegend benediktinische Gemeinschaften besucht. Also Schwestern oder Brüder, die zu zweit, zu dritt oder auch zu fünft zusammenleben und ihren Alltag nach der Benediktsregel, aber auch nach den konkreten Möglichkeiten vor Ort gestalten. Und ich habe mit ihnen in den unterschiedlichsten Gebetsräumen, Kapellen, Kirchen, gemeinsam gebetet, von der alten romanischen Kirche bis hin zum Gebetsraum im Wohnzimmer. Da stellte sich mir wieder einmal die Frage: Was ist eigentlich ein „heiliger Raum“? Was macht es aus, dass wir uns an bestimmten Orten ehrfurchtsvoll bewegen, dass wir wie von selbst ruhig werden, dass wir beim Überschreiten der Schwelle die „Welt“ kurzfristig hinter uns lassen können?
Die Regel des heiligen Benedikt sagt dazu: „Das Oratorium (der Gebetsraum) sei, was sein Name besagt, Haus des Gebetes. Nichts anderes werde dort getan oder aufbewahrt.“ Es soll also kein Multifunktionsraum sein. Auch sollen darin nicht alle möglichen Dinge aufbewahrt werden, wie man es leider ab und zu in Kirchen sieht, wo hinter dem Altar eine Leiter, Blumenkübel, vielleicht Reservebänke und anderes versteckt wird. Im Feng-Shui, dieser alten Harmonielehre, heißt es ja, dass all solche Gegenstände, die fehl am Platz sind und nicht gebraucht werden, Energie abziehen. Dazu kommt, dass man von Kirchenräumen manchmal hört, dass sie „eingebetet“ sind. Manchmal spürt man das buchstäblich, wenn man einen Ort betritt, dass hier seit vielen, manchmal hunderten von Jahren gebetet wurde. Einige Menschen haben sich zuhause eine Gebetsecke eingerichtet, in die sie sich regelmäßig zurückziehen, wo ebenfalls alles auf den einen Zweck, das Gebet, hin ausgerichtet ist: eine Kerze, ein Gebetsschemel oder -stuhl, eine Bibel.
Spontanes Gebet
All das hilft. Und zugleich kann jeder Ort sich für mich als heiliger Ort zeigen: Es kann mir passieren, dass ich in der überfüllten S-Bahn innerlich um einen Segen bitte für einen Menschen, von dem ich den Eindruck habe, dass es ihm gerade nicht gut geht, etwa die hochschwangere Frau, die mühsam ihren Einkauf und das dreijährige Mädchen zu koordinieren sucht. Oder ich betrete ein Krankenhaus und denke an alle, die hier arbeiten, die hier als Patientinnen aufgenommen wurden und unsicher sind, wie es weitergehen wird. Und natürlich kann mir auch ein Spaziergang durch die Natur den Blick und das Herz weiten und mir die Gegenwart Gottes nahebringen. Jede Begegnung, in der es gelingt, über den Tellerrand hinauszuschauen und Gott mit ins Spiel zu bringen, kann einen Ort heiligen.
Frohe Botschaft
1. Adventssonntag, Lesejahr B
Erste Lesung
Jes 63,16b–17.19b; 64,3–7
Du, HERR, bist unser Vater, „Unser Erlöser von jeher“ ist dein Name. Warum lässt du uns, HERR, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart, sodass wir dich nicht fürchten? Kehre zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Erbbesitz sind! Hättest du doch den Himmel zerrissen und wärest herabgestiegen, sodass die Berge vor dir erzitterten. Seit Urzeiten hat man nicht vernommen, hat man nicht gehört; kein Auge hat je einen Gott außer dir gesehen, der an dem handelt, der auf ihn harrt. Du kamst dem entgegen, der freudig Gerechtigkeit übt, denen, die auf deinen Wegen an dich denken. Siehe, du warst zornig und wir sündigten; bleiben wir künftig auf ihnen, werden wir gerettet werden. Wie ein Unreiner sind wir alle geworden, unsere ganze Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Wie Laub sind wir alle verwelkt, unsere Schuld trägt uns fort wie der Wind. Niemand ruft deinen Namen an, keiner rafft sich dazu auf, festzuhalten an dir. Denn du hast dein Angesicht vor uns verborgen und hast uns zergehen lassen in der Gewalt unserer Schuld. Doch nun, HERR, du bist unser Vater. Wir sind der Ton und du bist unser Töpfer, wir alle sind das Werk deiner Hände.
Antwortpsalm
Ps 80,2ac u. 3bc.15–16.18–19
Kv Stelle uns wieder her, o Gott!
Lass dein Angesicht leuchten und wir sind gerettet. – Kv
Du Hirte Israels, höre! *
Der du auf den Kerubim thronst, erscheine!
Wecke deine gewaltige Kraft *
und komm zu unserer Rettung! – (Kv)
Gott der Heerscharen, kehre doch zurück, /
blicke vom Himmel herab und sieh, *
sorge für diesen Weinstock!
Beschütze, was deine Rechte gepflanzt hat, *
und den Sohn, den du dir stark gemacht! – (Kv)
Deine Hand sei über dem Mann zu deiner Rechten, *
über dem Menschensohn, den du dir stark gemacht.
Wir werden nicht von dir weichen. *
Belebe uns und wir rufen deinen Namen an. – Kv
Zweite Lesung
1 Kor 1,3–9
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Ich danke meinem Gott jederzeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch in Christus Jesus geschenkt wurde, dass ihr an allem reich geworden seid in ihm, an aller Rede und aller Erkenntnis. Denn das Zeugnis über Christus wurde bei euch gefestigt, sodass euch keine Gnadengabe fehlt, während ihr auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus wartet. Er wird euch auch festigen bis ans Ende, sodass ihr schuldlos dasteht am Tag unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn.
Evangelium
Mk 13,24–37
Jesus sprach zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels. Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass er nahe vor der Tür ist. Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. Gebt Acht und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug die Vollmacht seinen Knechten, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!
Gedanken zu den Schrifttexten des Sonntags
„Carpe diem“ – den Augenblick ergreifen
von Katharina Karl, Professorin für Pastoraltheologie an der KU Eichstätt-Ingolstadt
In den Advent starten in Endzeitstimmung? Das läuft unseren Bedürf-nissen und Erwartungen zuwider. Ich auf jeden Fall sehne mich eher nach den tröstlichen Düften der Kindheit, nach Geborgenheit und Ermutigung. Und zugleich lassen mich die Bilder nicht los, die in den Nachrichten vielfach erschreckende Szenarien vor Augen führen. Und nicht nur global, sondern auch persönlich geschehen immer wieder Einbrüche in den Alltag, die zeigen, wie gefährdet das Leben ist.
Jeder kennt wohl den Schrecken, der einen überfällt, wenn etwa der Partner, die Partnerin, der Sohn oder die Tochter abends spät nach Hause kommt, und die Angst, dass auf einen Schlag alles anders sein kann. Ich erinnere mich, als Kind einmal überzeugt gewesen zu sein, am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen, so dass ich auf einem Zettel festgehalten habe, wer meine Bücher und die anderen wenigen Habseligkeiten erhalten sollte. Der Gedanke daran, dass das Leben endlich ist, mag dazu anregen, zu tun, was es zu tun gibt. „Carpe diem“ – „Nutze den Tag, der dir gegeben ist“ – war ein berühmtes Sprichwort im alten Rom. Es mag aber auch das Gefühl wecken, hilflos und ohnmächtig zu sein.
Wachsam sein
Die Szene im Evangelium des ersten Adventssonntags spricht eine solche Situation deutlich an. Wenn nicht nur unsere menschlichen Kräfte und Möglichkeiten am Ende scheinen, sondern sogar „die Kräfte des Himmels erschüttert sind“, kommt der Menschensohn von den Wolken und bringt Rettung. Ein solch archetypisches Bild findet sich vielfach in den Ritterepen des Mittelalters oder in Superhelden-Comics und Blockbuster-Filmen heute. Doch trägt es wirklich? Trau ich Gott noch zu, dass am Ende alles gut wird? Das Evangelium spricht nicht von Passivität und blindem Vertrauen. Es ruft dazu auf, wachsam zu sein. Ein endzeitlicher Einstieg in den Advent in diesem Sinne heißt dann: hoffen wider alle Plausibilitäten – durchhalten und ausharren und Erwartungen haben – an Gott und daran, dass ein Schicksalsschlag nicht das letzte Wort haben kann.
Mit aller Kraft leben
Glaube ist dann mehr als Vertröstung oder Trostpflaster, sondern wird zum Anstoß, mit aller Kraft zu leben – den Augenblick zu erfassen mit allem, was notwendig ist, und um-zusetzen, was in der eigenen Macht steht. Das, was uns übersteigt, können wir dem überlassen, der am Ende die Dinge in der Hand hat. Aber das entlässt nicht aus der Verantwortung, trotz allem widerständig zu sein und immer wieder neu auszuloten und einzubringen, was Hoffnung gibt.
Woche der Kirche
Tagesimpulse
von Thomas Jablowsky, Hauptberuflicher Diakon im Pfarrverband Brannenburg-Flintsbach
Sonntag, 03. Dezember
Montag, 04. Dezember
Dienstag, 05. Dezember
Mittwoch, 06. Dezember
Donnerstag, 07. Dezember
Freitag, 08. Dezember
Samstag, 09. Dezember
Einen ausführlichen Impuls zum jeweiligen Tagesevangelium hören Sie im Münchner Kirchenradio (MKR) montags bis freitags gegen 07.45 und 21.45 Uhr, samstags und sonntags zwischen 12.00 und 15.00 Uhr sowie zwischen 19.00 und 22.00 Uhr in der Sendung "MKR am Wochenende".
MKR als Web-Radio unter www.muenchner-kirchenradio.de und auf DAB+ im gesamten Erzbistum München und Freising sowie über Smart Speaker wie beispielsweise „Alexa“ („Alexa, spiel das Münchner Kirchenradio“) empfangbar.
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