Aus der Bibel Kraft schöpfen
Die Bibel ist ein Bestseller. Sie ist das meistgedruckte Buch der Welt. Das bedeutet aber nicht, dass sich Christen automatisch mit dem Inhalt der Heiligen Schrift beschäftigen.
Eine neue Initiative der Bibelwelt-Salzburg möchte das jetzt ändern. „Runde Tische Bibel“ heißt ein Projekt, bei dem haupt- und ehrenamtliche Bibel-Arbeiter in den Pfarreien Anregungen bekommen, wie sie wieder mehr Menschen für die Bibel begeistern können.
Bibelwelt-Direktor Eduard Baumann hat die Initiative mit angestoßen.
Innehalten: Herr Baumann, welche Idee steckt denn hinter den „Runden Tischen Bibel“?
Eduard Baumann: Wir möchten die salzburgischen und die oberbayerischen Akteure in der Bibelarbeit miteinander verbinden, damit sie gemeinsam nachdenken können, wie man die Bibelarbeit in den christlichen Gemeinden wieder besser fördern kann. Ich bin jetzt 34 Jahre im kirchlichen Dienst und merke, dass viele Bibelgruppen gar nicht mehr sichtbar sind. Ich schätze, dass sich in meiner Dienstzeit gut dreiviertel aller Gruppen aufgelöst haben. Die Bibelarbeit in den christlichen Gemeinden hat sich im Wesentlichen erschöpft. Wir möchten das wieder stärken. Zunächst einmal dadurch, dass wir die Akteure, die noch da sind, dazu bewegen, sich auszutauschen, damit sie sich gegenseitig motivieren und stärken. Und wir möchten ihnen Tipps geben, wie man der Bibelarbeit im Leben einer Pfarrei wieder mehr Raum geben kann.
Innehalten: Die Gläubigen sollen sich intensiver mit dem Wort Gottes beschäftigen. Das ist ihr Anliegen. Heißt das, dass es aus Ihrer Sicht nicht ausreicht, nur im Sonntagsgottesdienst die Lesungen zu hören?
Eduard Baumann: Genau. Eine alte Weisheit aus der Pädagogik besagt, dass man von dem, was man gehört hat, ca. zwanzig Prozent behält. Kommt das Sehen noch hinzu werden es etwa 50 Prozent. Wiederholt man es, landet man bei 70 Prozent. Aber erst wenn man etwas richtig erlebt und erfährt, sinkt es richtig tief beim Menschen ein, und wir können davon ausgehen, dass er es zu 90 Prozent aufgenommen hat. Das sind die Zahlen aus der Erwachsenenbildung und der Pädagogik. Und wie sollen die Pfarreien also in der Spur Jesu bleiben, wenn sie sich nicht mehr aktiv mit der Heiligen Schrift beschäftigen? Eine gute Predigt zu hören ist schon wichtig, reicht aber nicht. Die Bibel ist die Grundlage für unseren christlichen Glauben, deshalb müssen wir uns mit ihr aktiv auseinandersetzen.
Innehalten: Sie wollen den Gläubigen einen „lebensförderlichen“ Umgang mit der Bibel vermitteln. Was meinen Sie denn genau mit „lebensförderlich“?
Eduard Baumann: Es hat eine Zeit gegeben, wo man versucht hat, die Bibel exegetisch eins zu eins auszulegen. Das haben Theologinnen und Theologen gemacht, und alle anderen mussten zuhören. Wenn man aber nur diesen Teil bei der Bibelarbeit hat, kann man sicher sein, dass sie nicht stärkt. Denn das ist sehr intellektuell und verkopft und geht nicht hinunter zum Herzen. Aber gerade auf die Herzensbildung kommt es bei der Bibelarbeit an. Stärken kann mich nur etwas, wenn ich trainiere, wenn ich übe, wenn ich immer wieder die Bibel lese. Dann kann mir das auch Inspirationen für mein Leben geben. Wir haben zurzeit ja die drei großen Herausforderungen Frieden, Gerechtigkeit in der einen Welt und die Bewahrung der Schöpfung. Und wenn ich jetzt die Bibel so lese, dass ich konkrete Schritte nach meinem Maß, das mir möglich ist, schaffe, um diese drei großen Ziele zu verwirklichen, dann habe ich für mein Christ-Sein viel erreicht. Und da, meine ich, sollten wir lernen, aus der Bibel einfach mehr Kraft für unser Leben zu schöpfen.
(Das Interview führte Paul Hasel, Redakteur beim Michaelsbund)